10.03.2003FDP-FraktionTourismuspolitik

BURGBACHER: Wer Goethe und Schiller nicht, kennt reist nicht nach Weimar.

BERLIN. Anlässlich der Veranstaltung "Lernort Reisen" und der Öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses zum Thema "Kultur und Tourismus/UNESCO-Weltkulturerbe" im Rahmen der Internationalen Tourismusbörse erklärt der tourismuspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ernst BURGBACHER:

Der Zusammenhang von Kultur und Tourismus ist erst seit relativ kurzer Zeit verstärkt ins Zentrum des Interesses gerückt. In Deutschland rangiert der Kulturtourismus in der Beliebtheit von Reisearten an fünfter Stelle hinter dem Erholungsurlaub, dem Vergnügungsurlaub, dem Strandurlaub und dem Verwandten-(Bekannten-)Besuch. Der Kulturtourismus gilt als stabiler Markt mit Wachstumsperspektiven.
Deutschland ist reich an kulturellen Attraktionen: international renommierte Theater, Museen, Festspiele, kulturelle Veranstaltungen, Freilichtmuseen, bauliches Erbe, Ausstellungen, Theater- und Musikfestivals, Märkte und Feste oder regionale Lebensart. Darüber hinaus gibt es in Deutschland 27 UNESCO-Welterbestätten.
Um dieses Potenzial nutzen zu können und "Kult-ur-laub" in Deutschland angesichts einer weltweiten Konkurrenz um das Besucherinteresse erfolgreich positionieren zu können, gilt es, eine überzeugende Verknüpfung der kulturellen und touristischen Vielfalt zu schaffen. Gerade strukturschwache Städte und Räume können vom Segment des Kulturtourismus profitieren, der zum Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen und damit auch zur Stärkung des Dienstleistungsstandorts führen kann.
Ziel muss es sein, durch eine intensivere Vermarktung kultureller Angebote eine gesteigerte Wahrnehmung zu erzielen und für das beeindruckende und breitgefächerte Kulturangebot neue Zielgruppen zu gewinnen. Entscheidend sind Kommunikation, Koordination und Kooperation von städtischen, regionalen und kulturellen Einrichtungen mit den touristischen Akteuren. Kultur und Natur sind Pfunde, mit denen das Reiseland Deutschland wuchern kann. Alle Beteiligten sollten hier an einem Strang ziehen, um die Kulturlandschaft Deutschland stärker ins Blickfeld zu rücken und die Chancen, die das Potenzial "Kultour" bietet, zu ergreifen.
Doch auch die Politik, und insbesondere die Bildungspolitik, ist gefordert. Es geht nicht nur um geeignete wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische, sondern auch wesentlich um die bildungspolitischen Rahmenbedingungen. Der Grundstein muss in den Schulen gelegt werden. Bei Kindern und Jugendlichen muss das Interesse und Verständnis für historisch-politische, künstlerische oder architektonische Zusammenhänge und Entwicklungen geweckt werden. Wer kaum mit Kultur in Berührung gekommen ist, hat es schwerer, aufgeschlossen zu sein für kulturelle Besonderheit und Schönheit und sich dafür zu begeistern. Kurz gesagt: Wer Goethe und Schiller nicht kennt, wird kaum nach Weimar reisen.
Die alarmierenden Ergebnisse der PISA-Studien dürfen aus Sicht der FDP allerdings nicht dazu führen, dass nur noch die "harten" Wissensfächer berücksichtigt werden. Im Gegenteil: Kreativität, Eigenverantwortlichkeit, Selbstdisziplin und Teamgeist werden vor allem über künstlerische und musische Bildung stark gefördert. Deshalb muss dieser Bereich viel mehr in das allgemeine Interesse rücken. In diesem Zusammenhang sind auch Klassenfahrten und andere Formen von Schülerreisen als im wahrsten Sinne des Wortes "Lernort Reise" zu sehen.
Die rot-grüne Bundesregierung ist dringend aufgefordert, auch in der Bildungspolitik endlich ihre Hausaufgaben zu machen.

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