11.06.2013FDP-FraktionInnenpolitik

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen:

BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir werden uns heute mit dem Hochwasser in Deutschland beschäftigen. Die Situation ist unverändert deprimierend. Es ist entscheidend, dass jetzt schnell und unbürokratisch gehandelt wird. Es ist gut, dass am Donnerstag die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin zusammen kommen, um darüber Gespräche zu führen, wie wir Hilfe am besten leisten können. Wir haben die Maßnahmen von 2002 als eine Basis, auf der man aufbauen kann. Ich denke, dass wir sehr schnell einen Sonderfonds "Flutopfer" etablieren müssen, damit schnell gehandelt werden kann. Das kann auch, wie damals 2002, unverzüglich geschehen. Wir sind auch bereit, jederzeit Sondersitzungen des Bundestages zu halten, damit es nicht an irgendwelchen Abläufen scheitern würde. Das ist absolute Priorität.

Philipp Rösler hat auch eine Menge von konkreten Maßnahmen vorgeschlagen, die wir voll unterstützen. Ich halte es auch für ganz entscheidend, dass wir sehr schnell ein Gesetz zur Beschleunigung des Hochwasserschutzes auf den Weg bringen, damit - ähnlich wie beim Planungsbeschleunigungsgesetz - hier die Fristen erheblich gekürzt werden. Es geht nicht, dass jahrelang diskutiert und nichts konkret umgesetzt wird. Wir hätten nicht ein erneutes Hochwasser gebraucht, um zu erkennen: Die Zeit seit 2002 wurde vielfach erneut nicht genutzt. Das muss sich jetzt ändern. Das Konzept, was ich mit Philipp Rösler schon vor Tagen vorgeschlagen habe, sieht wie folgt aus: Sonderfonds und KfW-Programme ausrichten auf die Schäden durch das Hochwasser sowie das beim Bundesrat liegende energetische Gebäude-Sanierungskonzept zu erweitern, um damit Hilfen für Flutopfer jetzt anzupacken.

Zweiter Punkt ist der Untersuchungsausschuss zur Beschaffung von Drohnen. Es ist das gute Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. 100 Tage vor der Wahl hat es natürlich seine Eigentümlichkeit und hier darf es nicht zu einem Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler kommen. Es gibt viele Personen, die hier dann zu hören sein werden im Untersuchungsausschuss. Angefangen vom früheren Bundeskanzler Schröder, Herr Steinbrück, Herr Trittin und Frau Künast. Hier gibt es viele interessante Gesprächspartner für einen solchen Untersuchungsausschuss.

Dritter Schwerpunkt: Wir haben heute die Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu den Maßnahmen der EZB, von denen wir in der Vergangenheit auch gesagt haben, dass sie grenzwertig sind. Leider wird Präsident Draghi nicht persönlich in Karlsruhe die Auffassung der Europäischen Zentralbank vortragen. Er hat sich darauf beschränkt, seine Einschätzung gestern im Deutschen Fernsehen der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Ich glaube, es wäre durchaus angemessen gewesen. Entscheidend ist, dass sich die EZB auf ihre Kernaufgabe konzentriert. Die Kernaufgabe ist Preisstabilität, also Geldwertstabilität zu sichern, ganz in der Tradition der Deutschen Bundesbank. Wir sehen, dass es typische Reaktionen gibt, etwa von Frau Wagenknecht. Sie ruft zur Abkehr vom Euro auf und stellt grundsätzlich unsere Währung in Frage. Da ist auch eben wenig wirtschaftlicher Sachverstand da. Es gilt, den Euro zu bewahren und nicht ihn aufzugeben, denn gerade Deutschland hat davon entscheidend profitiert.

Wir haben nun ein weiteres Schwerpunktthema: Die Überwachung des Datenverkehrs durch die NSA, die National Security Agency, der USA. Über das Ausmaß der Überwachung kann man nur bestürzt sein. Ich habe das Gefühl, ich bin in einem schlechten Agentenfilm. Was man da zur Kenntnis nehmen muss, das muss auch von den Vereinigten Staaten aufgeklärt werden. Das Gute ist, dass die Bundeskanzlerin dies auch beim Besuch des amerikanischen Präsidenten in der nächsten Woche ansprechen wird. Es muss auch geklärt werden, ob deutsche Sicherheitsbehörden ebenfalls Daten genutzt haben. Der Innenausschuss wird sich damit beschäftigen und auch der Innenminister hat hier eine wichtige Aufgabe. Aber der konkrete Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig die Sensibilität der Freien Demokraten bei diesem Thema ist. Das sieht man auch bei dem Stichwort Vorratsdatenspeicherung. Man muss hier Sicherheiten einbauen, dass nicht alles, was technisch geht, auch praktiziert werden kann. Hier haben wir ein wichtiges Wächteramt, auch für die Zukunft.

Wir werden auch in dieser Woche den Gesetzesentwurf zur steuerlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Parlament haben. Damit ist auch durch das Verfassungsgerichtsurteil, das was wir schon lange wollten, beim Koalitionspartner möglich geworden. Wir wollen eine vollständige Gleichstellung, auch beim Adoptionsrecht. Soweit ist der Koalitionspartner leider noch nicht. Aber wir werden weiter daran arbeiten. Dies wird auch nach der Bundestagswahl wieder auf die Tagesordnung kommen.

Ich habe heute mit Interesse vernommen, dass die Bundeskanzlerin bei ihrem Vortrag beim BDI davon sprach, dass sie in der nächsten Legislaturperiode 50 bis 60 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen erwartet und damit das, was sie an Zusatzmaßnahmen im Wahlprogramm der Union vorgeschlagen hat, als gedeckt ansieht. Wir bleiben bei unseren Prioritäten: Auch wegen der Flut steht alles erst einmal unter Finanzierungsvorbehalt. Wir wissen ja noch gar nicht, was am Ende auf uns zukommt. Das Zweite ist, wir wollen natürlich beim Haushalt ganz klar die schwarze Null erreichen und wir wollen auch wieder zur Schuldentilgung in Deutschland übergehen.

Die Schulden nicht mehr zu erhöhen, ist eine Sache, mit ihrem Abbau zu beginnen, ist eine Andere. Weitere Verbesserungen kann man vornehmen, indem man die Aufgaben in der Priorität neu gewichtet. Ich habe nichts gegen einzelne Ziele, die angesprochen wurden.

Wichtig ist bei den Strompreisen, wie die Kanzlerin zu Recht beklagt, dass man das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das EEG, grundsätzlich neu ausrichtet. Das muss hin zu einem Mengenmodell verändert werden. Es ist notwendig, dies schnell anzupacken und zu verändern. Das ist für uns ein wichtiger Punkt.

Der letzte Ansatz, den ich noch vortragen möchte, ist die Mietpreisbremse. Wir halten das für völlig falsch. Wir brauchen keine Mietpreisbremse. Wir brauchen ein Gaspedal für den Neubau von Wohnungen, weil wir schon Engpässe bei regional verfügbaren Wohnungen haben. Es gibt ja auch die Regel, in Ballungszentren die Mieterhöhung auf 15 Prozent in drei Jahren zu begrenzen. Deshalb sehen wir den Ansatz, eine Mietpreisbremse einzuführen, als falsch an. Wir wollen die degressive Abschreibung wieder reaktivieren, damit mehr gebaut wird. Ganz offensichtlich stellt es sich heute nicht als interessant dar, sonst hätten wir mehr Wohnungen auf dem Markt, als wir derzeit haben.
453-Statement_Bruederle_11062013.pdf

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