11.12.2012FDP-FraktionAußenpolitik

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen:

BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir haben eine ganze Reihe von Themen heute. Ich möchte zunächst etwas zu Opel sagen. Die Entwicklung bei Opel hat mich nicht überrascht. Ich habe mit der Angelegenheit schon mehrfach zu tun gehabt als rheinland-pfälzischer Landesminister mit dem Standort Kaiserslautern und später als Bundeswirtschaftsminister. Opel wurde in Deutschland von General Motors nie besonders gut behandelt, obwohl sie gerade mit dem Standort in Rüsselsheim prägend für die gesamte Unternehmensgruppe waren. In Rüsselsheim hat Opel mit einem hohen Forschungsanteil für kleine und energieeffiziente Wagen und für Elektroautos entscheidende Impulse gegeben. Das Unternehmen durfte in Lateinamerika und in den asiatischen Zukunftsmärkten im Wesentlichen nicht aktiv sein. Man braucht bei dem Typ von Autos, wie Opel sie herstellt, "Economys of large scale", wie die Ökonomen es nennen, hohe Produktionszahlen, sonst kommt man nicht in eine Kostenrelation hinein, die interessant ist, um erfolgreich am Markt zu bestehen. Somit hatte Opel keine faire Chance und auch jetzt gibt es keinen Beitrag, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die genauso tüchtig wie anderswo sind, eine faire Chance gibt. Herr Duin, nordrhein-westfälischer Wirtschaftsminister, hat heute auch Länderhilfen ausdrücklich ausgeschlossen. Ich sehe mich auch im Nachhinein mit meiner damaligen Entscheidung als Bundeswirtschaftsminister, keine Staatshilfe zu geben, ausdrücklich bestätigt. Wenn ein Unternehmen, was damals 16 Milliarden Euro flüssige Mittel hatte, nicht in seiner Managementqualität, in seiner Ausrichtung, in der Lage ist, es so zu organisieren, dass das Unternehmen auch faire Chancen hat, dann hilft auch Staatshilfe nicht. Sie bringt Zeit, aber keine Lösung. Auch jetzt ist eine Staatshilfe sicherlich nicht der richtige Ansatz für ein in der Organisation liegendes Problem. Die Probleme liegen in der unfairen Behandlung der deutschen Standorte. General Motors ist für mich ein Beispiel, wie internationale Konzerne mit deutschen Arbeitnehmern nicht umgehend sollten. Das ist ein dauerhafter Schaden, nicht nur für die Marke Opel in Deutschland, sondern auch für Großkonzerne aus Amerika, die in Deutschland arbeiten. Das sollte man in der langfristigen Wirkung nicht unterschätzen.

Heute beraten wir auch über das Mandat für den Bundeswehreinsatz an der türkisch-syrischen Grenze. Die FDP-Bundestagsfraktion wird das unterstützen. Das ist legitim, wenn ein NATO-Partner sich bedroht fühlt und über solche Systeme nicht verfügt. Wir sind bereit, Solidarität zum Schutz seines Gebietes zu gewähren. Das ist eine politische Selbstverständlichkeit.

Die Entwicklung in Italien muss man mit Sorge sehen. Monti hat resigniert und angekündigt, dass er sich zurückziehen wird. Er hat mutige Reformen auf den Weg gebracht. Die Ankündigung von Berlusconi, jetzt wieder aktiv Ministerpräsident sein zu wollen, ist für Italien keine hilfreiche Ankündigung. "Bunga Bunga" ist keine Lösung für die Reformen, die Italien braucht. Italien hat erhebliche Fortschritte gemacht. Aber dieser Kurs muss fortgeführt werden und Italien darf nicht nachlassen in seinen Reformanstrengungen. Die Behauptung von Berlusconi, Monti sei "deutsch gesteuert", ist falsch. Man kann sagen, Monti ist vernunftgesteuert. "Vernunft" mit "deutsch" gleichzusetzen, ist zwar ein Kompliment, trotzdem ist das eine demagogische Darstellung.

Für den Vermittlungsausschuss morgen stehen eine Fülle von Gesetzgebungsvorhaben an. Es gibt eine Reihe von Themen, die bisher von der Opposition blockiert werden, etwa die kalte Progression abzubauen. Das ist eine gebotene Anpassung. Wir haben ja nach dem Verfassungsgerichtsurteil vom Existenzminimum bei Hartz IV auch die Notwendigkeit, den Grundfreibetrag bei Lohnsteuerzahlenden den Betrag entsprechend anzupassen.

Herr Steinbrück hat sich bei seiner Bewerbungsrede bei der SPD als Kanzlerkandidat gerade für die kleinen und mittleren Einkommensbezieher eingesetzt. Das ist der Lackmustest für die Redlichkeit seiner Bemühungen, den Menschen die Entlastung zu gewähren. Hier werden wir auch keine faulen Kompromisse machen, sondern strikt darauf beharren.

Auch das Steuerabkommen mit der Schweiz steht an. Dies würde Steuermittel von etwa 10 Milliarden Euro bringen. Allein für ein Land wie Niedersachsen macht das etwa eine Milliarde Euro aus.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die energetische Gebäudesanierung. Diese kann einen Beitrag für Energieeinsparungsmaßnahmen und erhebliche Aufträge für Handwerk und Mittelstand bedeuten. Hier blockieren die SPD geführten Länder weiterhin. Ich hoffe, dass hier vielleicht doch noch Frau Kraft oder andere ihre Möglichkeiten einbringen, dass es zu einer vernünftigen Lösung kommt. Denn das Handwerk könnte diese Aufträge gut gebrauchen. Aber auch für die Energie-Bilanz ist dies ein wichtiger Ansatz.

Mietrechtsreform: hier werden wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich hoffe, dass das jetzt auch verabschiedet werden kann. Die Justizministerin hat wichtige Regelungen angestoßen. Die Schutzrechte der Mieter bleiben erhalten. Es wird die Möglichkeit geben, gegen Mietnormaden vorzugehen, etwa wenn Mietkautionen nicht eingezahlt werden, zum Beispiel mit Kündigungsrechten. Insbesondere wird Klarheit geschaffen bei der energetischen Gebäudesanierung, was umlagefähig ist in Form von Nebenkostenerhöhungen und was nicht.

Dann steht an die Wahlrechtsreform. Es haben sich alle Parteien im Bundestag mit Ausnahme der Linken geeinigt, dass man Überhangmandate ausgleicht, damit auch die Zahl der Bundestagsabgeordneten repräsentativ den Stimmengewichten der einzelnen Parteien entspricht. Das kann dazu führen, dass die Zahl der Abgeordneten sich erhöht.

Ich darf vielleicht aktuell etwas zum Rückkaufprogramm von Staatsanleihen in Griechenland sagen: Das griechische Fernsehen meldet, dass Griechenland das Ziel erreicht hat. Das war eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass auch die weiteren Schritte der Hilfsmaßnahmen für Griechenland anlaufen können. Mit dieser 30 Milliarden Euro-Reduktion der griechischen Staatsschulden wurde ein weiterer Schritt in Richtung Schuldentragfähigkeit gemacht.
1006_rb_statement_111212.pdf

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