15.06.2013FDP-FraktionFinanzpolitik

Brüderle-Interview für "Neue Westfälische"

Der Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, FDP-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion RAINER BRÜDERLE gab der "Neuen Westfälischen" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ALEXANDRA JACOBSON:

Frage: Herr Brüderle, die CDU-Vorsitzende Angela Merkel soll sauer sein, dass die FDP so stark ihre teuren Wahlversprechen kritisiert. Müssen Sie sich mäßigen?

BRÜDERLE: Vor Wahlen ist es doch verständlich, dass die Parteien ihre jeweilige Identität und ihre Programme herausstellen. Wir hatten vier gute Jahre in der Regierung mit der Union und streben vier weitere gute Jahre für Deutschland an. Aber die FDP will die Schwarze Null im Haushalt erreichen und dann beginnen, die Schulden zurückzuzahlen. Das ist für uns das Entscheidende.

Frage: Die Union hat sich sozialpolitisch einiges vorgenommen, verbesserte Mütterrente oder die "Lebensleistungsrente" für Geringverdiener.

BRÜDERLE: Inhaltlich haben wir nichts gegen manche Vorschläge, nur lehnen wir Wohlfahrtsprogramme auf Pump ab. Wir sind aber dafür, die kalte Progression abzuschwächen, damit die Menschen mehr Geld in der Tasche haben. Von einem Euro Reallohnsteigerung in den unteren und mittleren Einkommensgruppen bleiben 62 Cent beim Staat hängen. Das ist zu viel. Wir wollen hier vier Milliarden Euro abbauen, aber das blockiert Rot-Rot-Grün im Bundesrat. Ich hoffe, dass nach den Wahlen die Vernunft zurückkehrt und wir im Bundesrat eine Einigung erzielen.

Frage: Wie wollen Sie den Verdacht zerstreuen, dass es zwischen FDP und Union auch bei einer Neuauflage von Schwarz-Gelb wieder viel Streit geben könnte?

BRÜDERLE: Die Koalition arbeitet gut und erfolgreich zusammen. Dass wir nicht alles mitmachen zeigt, wie wichtig es ist, dass die Liberalen weiter in der Regierung vertreten sind. In Koalitionen sorgen immer wir dafür, dass der Partner in der Mitte bleibt. Das ist die klassische Aufgabe der Liberalen. Maß und Mitte müssen Richtschnur der Politik bleiben.

Frage: Könnte es sein, dass sie manchmal die Abgrenzung zur Union übertreiben? Wolfgang Kubicki hat zum Beispiel am vergangenen Sonntag den Stab über Verteidigungsminister Thomas de Maizière gebrochen.

BRÜDERLE: Sowohl Philipp Rösler als auch ich haben in dieser Woche klar gemacht, dass wir Thomas de Maizière für einen Staatsdiener im besten Sinne des Wortes halten und dass wir nicht zulassen werden, dass Rot-Rot-Grün einen solch ehrenwerten Mann aus wahltaktischen Gründen kaputtmacht. Das sind die Worte des Spitzenkandidaten und des Parteivorsitzenden. Das gilt.

Frage: Wird de Maizière zurücktreten müssen?

BRÜDERLE: Nach meinem Kenntnisstand sage ich Nein. Der Untersuchungsausschuss wird ja nur 100 Tage lang arbeiten können. Ich hege den starken Verdacht, dass es hier eher um einen Wahlkampf zu Lasten der Steuerzahler geht. Aber wenn es denn so sein soll, dann laden wir auch Rot-Grün herzlich ein: Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Peer Steinbrück, Renate Künast. Denn die grundsätzliche Entscheidung zur Beschaffung von Drohnen ist unter Rot-Grün gefallen.

Frage: Bei der jüngsten Sendung "Hart aber fair" ging es auch um Steuererhöhungen. Sie waren dagegen und Jürgen Trittin (Die Grünen) dafür. Viele Kritiker haben hinterher den Grünen als Sieger der Talkrunde gesehen.

BRÜDERLE: Der Eindruck im Studio war ein anderer. Je länger Herr Trittin geredet hat, desto skeptischer wurden die Zuschauer. Das grüne Steuerprogramm versteht doch kaum jemand. Aber die Menschen wissen, am Ende wird es für alle teurer. Das ist ein Anschlag auf die Mitte. Von Trittins Steuererhöhungsprogramm sind ja nicht mal die Grünen-Mitglieder überzeugt.

Frage: In den Umfragen sind viele Menschen für Steuererhöhungen - weil sie sehen dass die Kommunen darben, Schwimmbäder geschlossen werden, die Schulen verkommen.

BRÜDERLE: Europa ist in der Rezession. Zum Glück haben wir in Deutschland noch ein halbes Prozent Wachstum. Die Wirtschaft kann man aber nicht mit kräftigen Steuererhöhungen ankurbeln. Das wäre das erste Mal in der Geschichte. Und die, die es sich leisten können, machen sich schnell aus dem Staub. Es bleibt doch wieder an der Mitte hängen.

Frage: In den Umfragen schwächelt die FDP. Wie kommt das?

BRÜDERLE: Wir wollen keine Umfragen gewinnen, sondern Wahlen. Bei den vergangenen Landtagswahlen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und NRW waren wir erfolgreich und haben viel besser abgeschnitten als vorher prognostiziert. Auch bei der Bundestagswahl werden wir erfolgreich sein.

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