29.07.2015Die Erdogan-Regierung in Ankara hat den innertürkischen Friedensprozess mit den Kurden beendet und Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak angegriffen. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, kritisierte diese Strategie gegenüber der "Welt" als einen schwerwiegenden Fehler. Hinter der Offensive gegen die PKK sieht er auch innenpolitische Gründe, "um die Kurden vor möglichen Neuwahlen in der Türkei zu diskreditieren".
Der Freidemokrat verlangte von der Bundesregierung, dass sie auf Ankara einwirke, "damit dort nicht aus innenpolitischen Gründen vor möglichen Neuwahlen irreparable außenpolitische Fehler begangen werden, die der NATO insgesamt schaden können". Lambsdorff betonte, dass alle NATO-Verbündeten angesichts der existentiellen Bedrohung durch den Islamischen Staat auf eine einvernehmliche Lösung der Kurdenfrage drängen müssten. "Dabei ist völlig klar, dass für die gesamte NATO die Wahrung der territorialen Integrität der Türkei ein in jeder Hinsicht legitimes Interesse darstellt", erläuterte er.
Die Türkei müsse allerdings begreifen, dass die militärische Gleichsetzung von Islamischem Staat und PKK ein schwerer Fehler sei, da es einen qualitativen Unterschied zwischen beiden Organisationen gebe. "Mit dem fundamentalistisch-djihadistischen Islamischen Staat wird ein Friedensprozess schon aufgrund seines eigenen Selbstverständnisses gar nicht erst möglich sein", hob Lambsdorff hervor.
Seit dem Vormarsch der IS-Miliz in die Autonome Region Kurdistan im Nordirak kämpfen die Peschmerga-Streitkräfte dort als Verbündete des Westens gegen die Extremisten. Seit langem streben die Kurden im Irak sowie in der Türkei eine völlig unabhängige Heimat an. Durch die militärischen Erfolge der Peschmerga gegen die Extremisten sowie die lange Zurückhaltung der Türkei gegenüber der IS-Bedrohung sahen internationale Beobachter die Position der Kurden bei diesem Thema gestärkt. Die türkische Regierung in Ankara, die seit Jahren mit der kurdischen Minderheit im Konflikt steht, dürfte jedoch kein Interesse daran haben, die innen- und außenpolitische Kraft der Kurden weiter wachsen zu sehen.
Berlin muss Ankara zur Vernunft bringen
Alexander Graf Lambsdorff kritisiert das außenpolitische Vorgehen der türkischen RegierungDie Erdogan-Regierung in Ankara hat den innertürkischen Friedensprozess mit den Kurden beendet und Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak angegriffen. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, kritisierte diese Strategie gegenüber der "Welt" als einen schwerwiegenden Fehler. Hinter der Offensive gegen die PKK sieht er auch innenpolitische Gründe, "um die Kurden vor möglichen Neuwahlen in der Türkei zu diskreditieren".
Der Freidemokrat verlangte von der Bundesregierung, dass sie auf Ankara einwirke, "damit dort nicht aus innenpolitischen Gründen vor möglichen Neuwahlen irreparable außenpolitische Fehler begangen werden, die der NATO insgesamt schaden können". Lambsdorff betonte, dass alle NATO-Verbündeten angesichts der existentiellen Bedrohung durch den Islamischen Staat auf eine einvernehmliche Lösung der Kurdenfrage drängen müssten. "Dabei ist völlig klar, dass für die gesamte NATO die Wahrung der territorialen Integrität der Türkei ein in jeder Hinsicht legitimes Interesse darstellt", erläuterte er.
Die Türkei müsse allerdings begreifen, dass die militärische Gleichsetzung von Islamischem Staat und PKK ein schwerer Fehler sei, da es einen qualitativen Unterschied zwischen beiden Organisationen gebe. "Mit dem fundamentalistisch-djihadistischen Islamischen Staat wird ein Friedensprozess schon aufgrund seines eigenen Selbstverständnisses gar nicht erst möglich sein", hob Lambsdorff hervor.
Hintergrund
Seit dem Vormarsch der IS-Miliz in die Autonome Region Kurdistan im Nordirak kämpfen die Peschmerga-Streitkräfte dort als Verbündete des Westens gegen die Extremisten. Seit langem streben die Kurden im Irak sowie in der Türkei eine völlig unabhängige Heimat an. Durch die militärischen Erfolge der Peschmerga gegen die Extremisten sowie die lange Zurückhaltung der Türkei gegenüber der IS-Bedrohung sahen internationale Beobachter die Position der Kurden bei diesem Thema gestärkt. Die türkische Regierung in Ankara, die seit Jahren mit der kurdischen Minderheit im Konflikt steht, dürfte jedoch kein Interesse daran haben, die innen- und außenpolitische Kraft der Kurden weiter wachsen zu sehen.