FDPFlüchtlingspolitik

Beim Familiennachzug-Kompromiss wird Not mit Not verrechnet

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki übt Kritik am Kompromiss von SPD und Union beim Familiennachzug
18.01.2018

In ihren Sondierungsgesprächen einigten sich Union und SPD auf eine starre Tausender-Grenze beim Familiennachzug für Flüchtlinge, der grundsätzlich ausgesetzt bleibt. FDP-Vize Wolfgang Kubicki kritisiert dieses Modell. "Entweder Sie haben Härtefälle und dann gibt es keine Begrenzung, oder Sie haben keine Härtefälle, dann brauchen Sie keine Begrenzung", stellt er im Gespräch mit dem Flensburger Tageblatt klar. Besonders perfide sei, dass diese 1.000 Menschen mit Flüchtlingen verrechnet würden, die Deutschland aus anderen EU-Ländern aufnehmen solle. "Hier wird Not mit Not verrechnet", konstatiert Kubicki. Am Freitag wird das alternative Konzept der FDP im Bundestag debattiert.

In den Sondierungen über die Flüchtlingspolitik habe sich CSU-Chef Horst Seehofer durchgesetzt, so Kubicki weiter. Diese Regelung beim Familiennachzug widerspreche allerdings allen sozialdemokratischen Prinzipien. "Deshalb bin ich – und das möchte ich ausdrücklich sagen – Serpil Midyatli und Kai Dolgner sehr dankbar, dass sie das nicht mittragen", sagte er mit Blick auf führende SPD-Akteure in Schleswig-Holstein, die sich gegen die Neuauflage der Großen Koalition positioniert haben. "Schließlich gehört ein gewisses Maß an Rückgrat dazu, dies dem SPD-Landesvorsitzenden Ralf Stegner zu sagen, der diesen faulen Kompromiss mit verhandelt und unterschrieben hat."

Innere Fliehkräfte bei Schwarz-Rot nehmen zu

Kubicki verweist außerdem auf die Vereinbarung im Sondierungspapier, wonach Union und SPD schon 2019 überprüfen wollten, ob es weitergehe oder nicht. "Ich glaube, dass die inneren Fliehkräfte bei Schwarz-Rot so stark sind, dass es spätestens dann endet", prognostiziert er. "Wenn Alexander Dobrindt und Ralf Stegner sich gegenseitig unterstellen, der eine mache einen Zwergenaufstand und der andere versuche zu betrügen... Es gibt schon jetzt so viel Misstrauen in dieser Koalition, dass mir jede Fantasie fehlt, um zu glauben, dies könnte lange halten."

Er gehe jedoch davon aus, dass es beim SPD-Bundesparteitag am Sonntag erst einmal eine knappe Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geben werde. "Mit der Faust in der Tasche, nicht aus Überzeugung", verdeutlicht Kubicki. Das bisherige Verhandlungsergebnis werde die Partei allerdings irgendwann zerreißen. "Nun kann ich als Freier Demokrat sagen, das ist mir egal. Aber auch wir haben ein Interesse daran, dass es eine starke Sozialdemokratie gibt", hebt der FDP-Vize hervor. Es könne nicht sein, dass dauernd die relative Mehrheit der Union ausreiche, um die Kanzlerin im Amt zu halten. "Entscheidend ist, dass Deutschland Veränderung braucht, eine der Zukunft zugewandte Politik und kein Verwalten des Bisherigen", regt Kubicki an. (ch)

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