17.09.2014FDPFDP

BEER-Interview: Wir wollen Menschen Mut machen und ihnen Chancen eröffnen

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER gab der „Huffington Post“ das folgende Interview. Die Fragen stellte MARCEL BOHNENSTEFFEN:

Frage: Frau Beer, früher haben bürgerliche Wähler, die die Union zu konservativ war, FDP gewählt. Heute stimmen sie für die AfD. Ist Ihre Partei nichts mehr wert?

BEER: Doch, das sind wir. Wir sind im Europäischen Parlament, in sechs Landtagen und einer Vielzahl von Kommunen vertreten, gestalten dort Politik aktiv mit. Wir arbeiten daran, Vertrauen zurückzugewinnen. Das ist ein harter, steiniger Weg. Wir sprechen nicht umsonst von einem Marathon. Aber wir lassen uns – von der Bundesspitze bis zur Parteibasis – nicht die Motivation nehmen und verlieren auch nicht den Mut.

Frage: Stimmen holen Sie trotzdem nicht zurück, im Gegenteil. Wenn es nicht an der Partei liegt, dann vielleicht an ihren Inhalten. Ist der Liberalismus in Deutschland ausgestorben?

BEER: Ganz gewiss nicht. Eine liberale Partei ist nötiger denn je. Auf der einen Seite haben wir ein gleichmacherisches Lager aus Sozialdemokraten, Christdemokraten, Grünen und Linken, die Bürger im Stile eines Nanny-Staates bevormunden wollen, und auf der anderen Seite eine wütende Protestbewegung am rechten Rand, mit Konzepten von vorgestern. In der Mitte ist der Raum für die FDP. Wir wollen unser Land und die Gesellschaft in die Zukunft entwickeln: weder einlullen wie die Große Koalition noch mit den Ängsten spielen wie die AfD, sondern Menschen Mut machen und ihnen Chancen eröffnen, damit sie persönliche Erfolge erzielen können.

Frage: Überzeugend waren sie mit diesem Kurs bislang nicht. In Hamburg haben sich enttäuschte Politiker von der FDP abgewandt. Sie wollen eine neue, eigene liberale Partei gründen.

BEER: Die Menschen haben noch die alte FDP im Kopf. Wir arbeiten an einer Profilschärfung. Und in Hamburg sind nur eine Handvoll Mitglieder ausgetreten. Wenn man die ins Verhältnis zu den 57.000 Mitgliedern der FDP setzt, spricht das für sich. Ohnehin halte ich diese Aktion für ein lokales Phänomen.

Frage: Frau Canel, die dieses Bündnis federführend vorantreibt, sagt, die FDP sei zu keiner Grunderneuerung mehr in der Lage. Hat sie recht?

BEER: Frau Canel war gestern noch bei den Libertären und will jetzt sozialliberal sein. Da stimmt doch etwas nicht. Die FDP steht für einen ganzheitlichen Liberalismus, ohne Bindestriche. Alle Themen des Liberalismus haben in der FDP einen Platz. Wir diskutieren jetzt bis zum Ende des Jahres in der Partei über Themen. Daran kann sich jedes Mitglied beteiligen. Das ist ein Weg, den übrigens auch Frau Canel hätte mitgehen können. Sie hat sich anders entschieden.

Frage: Die Enttäuschung Ihrer ehemaligen Kollegen kommt ja nicht von ungefähr. Was ist schief gelaufen bei der FDP in den vergangenen Jahren?

BEER: Die alte FDP hat die Erwartungen der Wähler nicht erfüllt und auch nicht immer in der Art des Auftritts überzeugt. Aber wir schauen jetzt nach vorne.

Frage: Sie sagen es selbst: Vom linken Lager bis zum rechten Rand findet der Wähler inzwischen überall Angebote vor. Kann ihm die FDP überhaupt noch etwas bieten, was er nicht auch bei anderen Parteien findet?

BEER: Unsere Politik stellt den Menschen und seine alltäglichen Herausforderungen in den Mittelpunkt. Und wir denken an die Zukunft der Bürger und Gesellschaft. Deshalb wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, die Menschen stark machen – das macht auch Deutschland stark. Dafür brauchen wir beispielsweise bessere Bildung, eine solide und generationengerechte Haushaltspolitik und ein Ende der fortwährend ansteigenden Belastungen gerade für die Mitte der Gesellschaft.

Frage: Wann soll dieses Konzept denn Früchte tragen?

BEER: Es ist unser Ziel, 2017 wieder in den Deutschen Bundestag einzuziehen. Dazwischen liegen einige wichtige Meilensteine. Einige Landtagswahlen, wie die nächste in Hamburg, und Kommunalwahlen. Bei denen wollen wir Vertrauen zurückgewinnen. Jedes gute Ergebnis wird den Prozess beschleunigen.

Frage: Ihr Parteichef Christian Lindner sagt selbst, die „Durststrecke“ sei noch nicht beendet. Muss sich die FDP nicht ganz für andere Parteien öffnen, um aus ihrer Krise herauszukommen?

BEER: Die Frage nach Koalitionsoptionen stellt sich für uns derzeit überhaupt nicht. Bei uns gibt es jetzt FDP pur. Wir wollen die Menschen mit unseren Inhalten und harter Arbeit überzeugen.

Frage: In der Union gibt es Bestrebungen, sich in Richtung AfD zu öffnen. Was, wenn es 2017 zu einer Zusammenarbeit kommt? Ihnen könnte der langjährige Stammpartner wegbrechen...

BEER: Die Union hat mit der AfD ein Problem an ihrem äußeren rechten Rand, auf das sie Antworten finden muss. Das ist nicht Sache der FDP.

Social Media Button