BEER-Interview: Wir sind weltoffen, fordern aber klare Spielregeln
Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer gab der „Nordwest Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Benjamin Moscovici.
Frage: Frau Beer, nach dem Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag – feiert die FDP beim Dreikönigstreffen in Stuttgart ihre Wiederauferstehung?
Beer: Die letzten vier Jahre waren schwierig und arbeitsreich, aber wir haben ein großartiges Comeback geschafft. Deshalb blicken wir voller Mut auf das vor uns liegende Jahr.
Frage: Nach dem Abbruch der Jamaika-Gespräche hat die FDP in Umfragen deutlich verloren. War es ein Fehler, in die Opposition zu gehen?
Beer: Wir liegen jetzt zwischen acht und zehn Prozent. Wenn mir das jemand vor ein oder zwei Jahren gesagt hätte, wäre ich demjenigen vor Freude um den Hals gefallen. Umso weiter man wegkommt vom „politischen Berlin“, bei ganz normalen Bürgern, bekommen wir Zustimmung. Das ist für uns der Beweis, dass die Entscheidung richtig war. Wir wurden für neues Denken gewählt. Das werden wir jetzt als muntere Opposition auch umsetzen.
Frage: Christian Lindner hat Ihre Partei beinahe im Alleingang zurück in den Bundestag geführt. Muss die FDP sich jetzt breiter aufstellen?
Beer: Christian Lindner ist ein hervorragender Bundesvorsitzender und war ein herausragender Spitzenkandidat, doch die Arbeit der letzten Jahre ist im Team gemacht worden – übrigens auch mit großer Bürgerbeteiligung. Mit 80 Abgeordneten im Deutschen Bundestag haben wir jetzt die Möglichkeit, die Ziele dieser Menschen nach vorne zu bringen und dabei mehr Persönlichkeiten bekannt zu machen.
Frage: Zuletzt gab es Debatten über einen Rechtsruck der FDP. Müssen Sie sich stärker von der AfD abgrenzen?
Beer: Das tun wir bereits sehr deutlich durch unsere Grundüberzeugungen und Werte. Wir sind die politische Kraft der Vernunft, wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Wir verteidigen die Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaats, bei der Frage der Einwanderungspolitik genauso wie bei den Bürgerrechten. Aber wir verbinden das mit Weltoffenheit und Internationalität. Wir werden mit unserer Arbeit zeigen, dass es bei uns weder einen Links- noch einen Rechtsruck gegeben hat. Wir sind proeuropäisch und weltoffen, aber wir fordern klare Spielregeln.
Frage: Im Bereich Asylpolitik haben die Grünen der FDP vorgeworfen, die Union rechts überholt zu haben. Unterscheiden sich Ihre Ideen von denen der AfD?
Beer: Wir setzen uns schon seit Jahrzehnten für ein Einwanderungsgesetz ein, das zwischen Asyl, humanitärem Schutz und einem Zuwanderungssystem nach Punkten unterscheidet. Das ist weder rechts noch links, sondern der Anspruch, den die deutsche Gesellschaft an die Politik stellen kann. Zuwanderung muss geordnet und gesteuert stattfinden, so etwas wie 2015 und 2016 darf sich nicht wiederholen.
Frage: Wo steht die FDP, wenn eine Groko scheitert?
Beer: Die Gespräche werden nicht scheitern, dafür haben CDU, CSU und SPD zu viel zu verlieren. Sollten die Gespräche dennoch scheitern, sind wir bereit, eine Minderheitsregierung aus der Opposition heraus konstruktiv zu unterstützen.
Frage: Stünde die FDP nach Neuwahlen erneut für Gespräche über ein Jamaika-Bündnis zur Verfügung?
Beer: Wir wollen in Deutschland eine Modernisierungsagenda umsetzen. Dazu waren die Jamaika-Gesprächspartner aktuell nicht mutig genug. Für einen neuen Anlauf müsste sich im Bund einiges ändern, sowohl inhaltlich als auch personell.