03.05.2014FDPFDP

BEER-Interview für die „Schwäbische Zeitung“

BEER-Interview für die „Schwäbische Zeitung“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER gab der „Schwäbischen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte SABINE LENNARTZ:

Frage: Die SPD kann sich plötzlich den Abbau der kalten Progression vorstellen. Schmerzt es, wenn andere die FDP-Themen besetzen?

BEER: Die SPD kann es sich vorstellen, aber sie setzt es nicht um. Union und SPD nehmen lieber die himmelschreiende Ungerechtigkeit in Kauf, dass Bürgern, gerade mit kleinen und mittleren Einkommen, von mehr Brutto weniger Netto bleibt. Trotz aller Bekenntnisse tut sich nichts. SPD und Union treiben lieber ein Rentenpaket voran, gegen das breite Schichten der Bevölkerung Sturm laufen. Das ist mit normalem Menschenverstand nicht zu erklären. Sie berufen sich dabei auf den Koalitionsvertrag. Wenn dieser das beste Argument dafür sein soll, dann ist es kein guter Koalitionsvertrag.

Frage: Was ist Ihr wichtigstes innenpolitisches Thema auf dem Bundesparteitag in Dresden?

BEER: Dass wir Schluss machen wollen mit der großkoalitionären Politik auf Pump. Dass wir unser Land stattdessen generationengerecht aufstellen. Dass wir mehr in Bildung und Ausbildung investieren und mehr Chancen schaffen. Wir brauchen eine nachhaltigere Politik und kein Kurzfristdenken und milliardenschwere Wahlgeschenke.

Frage: Wie sieht die aus?

BEER: Das Rentenpaket der Bundesregierung ist nicht nachhaltig finanziert und trägt nicht. Wir werden einen Gegenentwurf vorstellen. Wir wollen die Rentenversicherung enkelfit machen. Menschen sollen selbstbestimmt in verschiedenen Phasen ihres Lebens in Rente gehen und auch über das Rentenalter hinaus arbeiten können. Das wäre einer Gesellschaft angemessen, die immer stärker altert und in der die Menschen länger gesund sind.

Frage: Ihre Partei steckt im Wahrnehmungstief. Nächste Woche soll dann Ihr Parteitag in Dresden auch zeigen, dass Sie noch im Geschäft sind. Wie schwer ist es denn, auf die FDP aufmerksam zu machen?

BEER: Wir gehen neue Wege. Wir suchen das direkte Gespräch mit dem Bürger: auf Diskussionsveranstaltungen, auf Nachbarschaftspartys, in der Gemeinde, bei der Feuerwehr, in Vereinen – das funktioniert sehr gut. So zeigen wir auch, wie vielfältig wir sind.

Frage: Es geht um die Wiederaufrichtung der FDP, so Ihr Parteichef. Was tragen Sie dazu bei?

BEER: Ich arbeite daran, dass wir den Respekt und das Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen. In den eigenen Reihen ist die Aufarbeitung abgeschlossen, unsere Parteimitglieder sind sehr engagiert. Wir brauchen viele, die sich nach außen klar zur FDP bekennen. Ich bin viel im ganzen Land unterwegs und suche das Gespräch. Wir haben schon 3500 Neueintritte seit der Bundestagswahl.

Frage: Sie haben wichtige Wahlen vor sich. Die Europawahl und im Herbst die Landtagswahl in Sachsen, das einzige Bundesland, in dem Sie noch regieren. Derzeit kämen Sie dort auf vier Prozent. Ist Ihnen schon mulmig?

BEER: Nein, ich bin optimistisch, dass wir ein gutes Ergebnis erhalten. Wir erleben schon manche, die sagen, dass sie sich einen solchen Ausgang der Bundestagswahl nicht gewünscht haben – und dass sie ein solches Ergebnis in Sachsen verhindern wollen.

Frage: Haben Sie Angst, dass es auch in Europa eine Art Großer Koalition geben wird, wenn zu viel Splitterparteien gewählt werden?

BEER: Ja, das ist die große Gefahr, vor der wir warnen. Wir wollen mehr Wettbewerb, solide Finanzen durch strikte Reformen und den Schutz der Bürgerrechte in Europa.

Frage: In diesem Feld haben Sie Konkurrenz von der AfD. Wie ernst nehmen Sie die?

BEER: Unsere Hauptkonkurrenten sind Union und SPD. Dort wollen wir unsere Stimmen holen.

Frage: Die FDP ist, wie die AfD auch, eine Partei, in der Männer dominieren. Schaffen Sie bei diesem Thema die Umkehr?

BEER: Das ist mir ein wichtiges Anliegen. Die FDP ist schon weiblicher geworden, nicht nur in der Bundesspitze. Auf den ersten zwölf Plätzen der Europaliste sind 60 Prozent Frauen. Wir wollen zudem Mitwirkungsmöglichkeiten speziell für Frauen schaffen. .

Frage: Was war für Sie das Überraschendste in den ersten Monaten als Generalsekretärin der liberalen Partei?

BEER: Dass unsere Mitglieder die Bundestagswahl so schnell verdaut und sich sofort in den Neuaufbau gestürzt haben.

Frage: Wo soll Ihre Partei in einem Jahr stehen?

BEER: Wir möchten in einem Jahr eine neue FDP haben, die draußen Vertrauen und Respekt zurückerobert hat; die von den Strukturen her eine moderne Mitmachpartei ist und damit viele Bürger neugierig macht.

Social Media Button