19.09.2018FDPFDP

BEER-Interview: Die Besten der Besten belohnen

Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer gab der „taz, die tageszeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Anna Lehmann.

Frage: Frau Beer, die FDP will Lehrkräfte nach Leistung bezahlen. Wollen Sie Noten vergeben?

Beer: Ich glaube, dass die Schulleitungen ein sehr gutes Gefühl dafür haben, welche die Lehrkräfte in ihren Kollegien sind, auf die sie sich 100-prozentig verlassen können. Und welche die sind, bei denen häufig andere einspringen müssen oder die Entwicklungsbedarf haben. Das sind Dinge, die in einem normalen Unternehmen ebenfalls in die Bezahlung einfließen.

Frage: Wie misst man Lehrerleistungen?

Beer: Im Schulbetrieb liegen viele Daten vor, zum Beispiel aus den Vergleichsarbeiten, die in verschiedenen Fächern durchgeführt werden. An diesen Daten müsste interessieren, welche Entwicklungsverläufe Schüler nehmen. Eine derartige Langzeitevaluation wäre ein wichtiger Parameter.

Frage: Wenn Schüler sich verschlechtern gibt’s Abzüge für die Lehrerin?

Beer: Das kann man sicher nicht eins zu eins übernehmen, aber man kann es einbeziehen. So wie weitere Parameter, zum Beispiel die Bereitschaft, in einer Brennpunktschule zu unterrichten und sich besonders großen Herausforderungen zu stellen.

Frage: Lehrer an Schulen mit vielen Schülern aus Hartz-IV-Haushalten sollten besser verdienen als Studienräte am Gymnasium im Villenviertel?

Beer: Mit dem Bildungsgang hat das nichts zu tun. Aber es ist schon ein Unterschied, ob ich im Villenviertel in einer Oberstufe unterrichte, oder ob ich versuche, Kindern an einer Grundschule im Brennpunkt eine feste Grundlage für den weiteren Bildungsweg zu geben. Wir sollten grundsätzlich wegkommen von einem starren Laufbahnrecht – je länger ich dabei bin, desto besser werde ich bezahlt.

Frage: Haben Sie schon ein Modell erarbeitet?

Beer: Wir sprechen gerade mit Erziehungswissenschaftlern als Grundlage für so ein Modell.

Frage: Glauben Sie, dass das bei den Lehrkräften gut ankäme?

Beer: Ja. Ich glaube, dass es der Frustration vieler Lehrkräfte entgegenwirken könnte. Gerade die, die sich besonders reinknien, hier noch eine Arbeitsgemeinschaft betreuen, dort noch eine Aufgabe übernehmen und immer mit auf Klassenfahrt gehen. Ich erlebe, dass sich viele von diesen Lehrkräften nach ein paar Jahren fragen: Zahlt es sich für mich aus? Nein, dann lasse ich es.

Frage: Zurzeit werden Lehrer an Gymnasien am besten bezahlt, an Grundschulen verdienen sie weniger, und am wenigsten verdienen Erzieher. Müsste man das nicht angleichen?

Beer: Nicht als Regelbesoldung. Es gilt, ein System zu entwickeln, dass die Besten der Besten belohnt. Es kann ja nicht sein, dass eine ausgezeichnete Grundschullehrerin weniger verdient als ein schlechter Mathematiklehrer in der Oberstufe.

Frage: Haben Sie schon berechnet, was das kostet?

Beer: Nein. Aber wir glauben, dass man gesamtgesellschaftlich mehr in Bildung investieren muss, also auch in die Besoldung. Das ist ja auch die Debatte, die wir im Zusammenhang mit der Grundgesetzänderung führen werden. Uns Freien Demokraten reicht es eben nicht, wie von der Groko vorgeschlagen, nur in Beton zu investieren, sondern wir wollen auch in Qualität investieren.

Frage: Nächste Woche wird die Grundgesetzänderung im Bundestag debattiert. Eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat ist die Voraussetzung, damit 3,5 Milliarden Euro in die Digitalisierung der Schulen gesteckt werden. Klappt das?

Beer: Ich habe sehr große Hoffnung, dass das geschieht. Aber die Groko muss dazu endlich ins Gespräch mit den Oppositions-Fraktionen kommen, allein hat sie nicht genug Stimmen. Wir haben zusammen mit den Grünen dazu schon Verbesserungsvorschläge gemacht.

Frage: Soll der Bund sich langfristig in der Bildung engagieren?

Beer: Ich glaube, es ist notwendig, dass Bund und Länder gemeinsame Zielperspektiven entwickeln und mit einem gemeinsamen Geldtopf Prioritäten setzen.

Frage: Verbindliche Bildungsziele bundesweit?

Beer: Wir haben ja schon gemeinsame Bildungsstandards – die werden nur nicht umgesetzt. Die Grundgesetzänderung sollten wir auch dafür nutzen, sie gemeinsam endlich überall in Deutschland durchzusetzen.

Social Media Button