01.08.2017FDPDigitalisierung

BEER-Gastbeitrag: Digitalpolitik #fail – Warum wir endlich handeln müssen

Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:

Ausweislich des aktuellen Innovationsindikators nimmt Deutschland im Bereich der Digitalisierung nur Platz 17 ein – deutlich hinter Ländern wie den USA oder Großbritannien.

Der Digitalisierungs-Indikator platziert uns sogar in wichtigen Kernbereichen abgeschlagen auf hinteren Plätzen: Im Bereich digitale Wirtschaft liegen wir auf Rang 12, bei der Bildung auf Platz 17 und bei digitaler Forschung/Technologien auf Platz 16.

Besonders gravierend: Im Bereich digitale Infrastruktur nimmt Deutschland international nur Rang 19 ein. Eine moderne und sichere Infrastruktur ist quasi das Rückgrat einer vernetzen und modernen Gesellschaft.

Nur auf dieser Grundlage können wir wichtige Bereiche wie E-Government, E-Health oder E-Mobilität voranbringen. Nur dann, wenn im Datenkabel nicht permanent Stau herrscht, wird es sich überhaupt erst lohnen, auch in Deutschland neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und anzubieten.

Das zeigt, dass es fünf vor zwölf ist. Es geht aber um weitaus mehr. In Echtzeit entstehen ganz neue Geschäftsfelder mit zukunftsfesten und attraktiven Arbeitsplätzen. Zu wenige davon jedoch in Deutschland, dabei sollte dies angesichts des tiefgreifenden Wandels, den wir erleben, Priorität haben.

Denn Arbeit ist Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Doch dazu müssen die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden.

Die Frage ist, ob wir mit der Digitalpolitik der letzten Jahre dafür gut aufgestellt sind oder ob etwas geändert werden muss. Nur drei Beispiele:

Der Breitbandausbau kommt einfach nicht schnell genug voran. Ganze Regionen Deutschlands sind nur via Digital-Schotterpiste statt High-Speed-Datenautobahn angeschlossen. Damit vergeben wir viele Chancen, denn dort jenseits der für Arbeitnehmer und Unternehmer teuren Zentren sitzt unser aktiver Mittelstand, der die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt.

Die Verbreitung von Personalausweisen mit elektronischer Signatur ist rückläufig, weil Behörden dazu kaum beraten und es fast keine Angebote dafür gibt, die für die Bürger Sinn machen. Estlands elektronische Identifizierung mit einem weiterentwickelten Personalausweis hingegen hat einen Verbreitungsgrad von über 94 Prozent in der Bevölkerung.

Wir hingegen versäumen in Deutschland das Vorantreiben eines weiterentwickelten Personalausweises, mit dem sich der Bürger überall sicher und digital nachweisbar identifizieren kann. Ein solcher Ausweis könnte alle anderen Berechtigungskarten und Identitätsnachweise ersetzen.

Der Jahresbericht des Nationalen Normenkontrollrates 2017, der zur Aufgabe hat, Vorschläge zum Bürokratieabbau vorzulegen, konstatiert, dass Deutschland bei der Digitalisierung der Verwaltung und den elektronischen Serviceangeboten im Vergleich zu anderen Ländern auf Platz 20 weit zurückliegt.

So verlieren Bürgerinnen und Bürger, aber eben auch kleine und mittelständische Unternehmen wichtige (Lebens)-Zeit bei langwierigen Behördengängen, die besser produktiv genutzt werden könnte.

Dass wir hier einen Zahn zulegen, erhofft sich auch die deutsche Digitalwirtschaft von einer künftigen Bundesregierung. Laut des 51. Branchenbarometers des Digitalverbands Bitkom stimmen 94 Prozent der befragten ITK-Unternehmen der Aussage zu, dass Bildungswesen, Sozialsysteme und Arbeitsrecht neu auf die digitale Wirtschaft und Arbeitswelt ausgerichtet werden müssen.

Bitkom-Präsident Achim Berg fordert zu Recht, dass wir Politik und Rechtssystem so gestalten müssen, dass sie einer zunehmend digitalen Welt gerecht werden – vor allem in der Bildung, in der Verwaltung, im Arbeitsrecht und bei den Sozialsystemen.

Welches enorme Potenzial Deutschland hat und wie leistungsfähig es ist, das zeigt zumindest der eingangs zitierte Innovationsindikator: ein vierter Platz in der internationalen Innovationslandschaft. Nur muss man dieses Potential auch für und durch die Digitalisierung nutzen. Und dieses Nutzen muss man nicht nur in Sonntagsreden proklamieren, sondern auch umsetzen können.

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