BEER: Dieses NetzDG darf nicht beschlossen werden
Anlässlich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und der anstehenden Beratung im Deutschen Bundestag erklärt FDP-Generalsekretärin Nicola Beer:
„Die Abgeordneten im Bundestag sind aufgefordert, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz abzulehnen. Sie sind an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden und dürfen kein Gesetz beschließen, dass gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstößt und in unangemessener Weise in die Meinungsfreiheit eingreift.
Zwar begrüßen wir, dass die Koalitionsfraktionen umfangreiche Änderungen am Gesetzesentwurf vorgenommen haben, leider sind diese Änderungen aber nicht geeignet, die hinlänglich bekannten Verfassungsverstöße auszuräumen. Nach wie vor verpflichtet das NetzDG die Anbieter sozialer Netzwerke, offensichtlich rechtswidrige Inhalte‘ innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu entfernen oder den Zugang zu diesen zu sperren. Dabei definiert das NetzDG nicht einmal, was mit dem Terminus „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ gemeint ist. Der Staat entledigt sich seiner Aufgabe der Rechtsdurchsetzung und verlagert die Entscheidung, ob eine Äußerung Satire, einfach geschmacklos ist oder ob eine Äußerung als Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung offensichtlich rechtswidrig ist, auf private Anbieter sozialer Netzwerke. Statt einer verfassungswidrigen Privatisierung der Rechtsdurchsetzung brauchen wir eine effektive Zusammenarbeit von sozialen Netzwerken und Strafverfolgungsbehörden, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt und Hasskommentare und strafbare Falschnachrichten zeitnah aus dem Internet löscht.
Die Änderungen am Gesetzesentwurf sind weitreichend und betreffen jeden einzelnen Paragraphen des NetzDG. Die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen betreffen 15 der 19 Absätze, wobei nicht einmal die neun Absätze eingerechnet sind, die neu in das Gesetz aufgenommen wurden. Nicht einmal 48 Stunden nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses sollen die Abgeordneten des Bundestages über einen rundweg neu gefassten Gesetzesentwurf entscheiden, der mit dem System der Regulierten Selbstregulierung ein System der Medienaufsicht einführt, für das zum einen der Bund nicht zuständig ist und das zum anderen in den Bundesländern bereits existiert. Zudem gilt der Grundsatz der Staatsfreiheit der Medienaufsicht; das Bundesjustizministerium darf nicht zuständig sein, Organe der medienaufsichtlichen Selbstkontrolle anzuerkennen.
Die weitreichenden Änderungen lösen die EU-Notifizierungspflicht erneut aus. Die Bundesregierung muss die Notifizierung erneut anstoßen, an die sich eine mindestens dreimonatige Stillhaltefrist anschließt, um der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit zu geben, Verstöße gegen Unionsrecht zu melden. Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden, um nicht auch noch gegen Europarecht zu verstoßen.
Das NetzDG darf in der vorliegenden Fassung nicht beschlossen werden."