06.10.2014Im Gespräch mit der "Welt" hat der Außenminister der Deutschen Einheit, Hans-Dietrich Genscher, an die friedliche Revolution 1989 erinnert. Aus seiner Sicht hat diese ein Denkmal klar verdient. Obwohl sie 25 Jahre zurückliegen, seien ihm die Erlebnisse dieser Zeit "noch so nah, als ob sie gestern waren". Der prägendste Moment für ihn sei der Auftritt in der Prager Botschaft am 30. September 1989 gewesen. "Das ist der für mich glücklichste Tag meines politischen Lebens", sagte Genscher.
Der ehemalige Außenminister hob die enge Verbindung zwischen dem 30. September und der historischen Leipziger Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 hervor. Die Emotionen der Prager Ereignisse hätten die Stimmung in Leipzig stark beeinflusst, erklärte er. "In Prag haben die Flüchtlinge ihr Schicksal in die Hände genommen. Sie wollten Freiheit und haben dafür alles stehen und liegen gelassen. Sie haben Geschichte geschrieben."
Der Jubelschrei dieser Menschen bei der Ankündigung ihrer Ausreisefreiheit sei weltweit aufgenommen worden, so Genscher. "Ich habe mich oft gefragt, ob nicht der 9. Oktober der richtige Tag der Einheit gewesen wäre. An diesem 9. Oktober, an dem 'Wir sind das Volk' und 'Keine Gewalt' gerufen wurden, hat sich eigentlich alles entschieden." Aus seiner Sicht hat die erfolgreiche Vollendung der friedlichen Revolution auch ganz klar ein Einheitsdenkmal verdient. Bis heute gibt es kein solches Monument.
Mit Blick auf die Diskussion über die sicherheitspolitische Rolle Deutschlands in der Welt kritisierte Genscher den Trend unter Politikern, immer lauter nach mehr deutscher Verantwortung zu rufen, "gern auch mit dem Zusatz 'endlich'". Dies impliziere: Früher sei nicht genug Verantwortung übernommen worden. "Dem möchte ich lauthals widersprechen. Dieses Land – in seiner tiefsten moralischen Katastrophe geteilt, ausgebombt, zerstört und von Flüchtlingen überlaufen – hat eine lebendige Demokratie aufgebaut", hob Genscher hervor.
Deutschland habe die deutsche und europäische Einigung ermöglicht, als es sich zu den westlichen Demokratien unauflösbar bekannt habe. Im Kalten Krieg sei es außerdem Deutschland gewesen, das mit der Bundeswehr die unter den europäischen Partnern größte Leistung für die gemeinsame Sicherheit erbracht habe. "Und es waren die Deutschen, die mit der Ost- und KSZE-Politik die Tore so weit geöffnet haben, dass sich die politischen Systeme im östlichen Teil des Kontinents verändert haben", erinnerte Genscher.
Für den Liberalen ist deshalb eindeutig: Das geteilte Deutschland habe eine enorme Verantwortung übernommen. "Wenn zu hören ist, wir müssten herunter von der Zuschauertribüne der Weltpolitik, macht mich das fassungslos", unterstrich Genscher. "Dann muss jemand im Heilschlaf gelegen haben, als wir um den NATO-Doppelbeschluss gerungen haben." Den neuen Herausforderungen der globalisierten Welt müsse Deutschland sich zwar stellen. "Aber nicht nur wir."
Bedeutung der friedlichen Revolution anerkennen
Außenminister a.D. Hans-Dietrich Genscher fordert ein Denkmal für die friedliche Revolution 1989.Im Gespräch mit der "Welt" hat der Außenminister der Deutschen Einheit, Hans-Dietrich Genscher, an die friedliche Revolution 1989 erinnert. Aus seiner Sicht hat diese ein Denkmal klar verdient. Obwohl sie 25 Jahre zurückliegen, seien ihm die Erlebnisse dieser Zeit "noch so nah, als ob sie gestern waren". Der prägendste Moment für ihn sei der Auftritt in der Prager Botschaft am 30. September 1989 gewesen. "Das ist der für mich glücklichste Tag meines politischen Lebens", sagte Genscher.
Der ehemalige Außenminister hob die enge Verbindung zwischen dem 30. September und der historischen Leipziger Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 hervor. Die Emotionen der Prager Ereignisse hätten die Stimmung in Leipzig stark beeinflusst, erklärte er. "In Prag haben die Flüchtlinge ihr Schicksal in die Hände genommen. Sie wollten Freiheit und haben dafür alles stehen und liegen gelassen. Sie haben Geschichte geschrieben."
Der Jubelschrei dieser Menschen bei der Ankündigung ihrer Ausreisefreiheit sei weltweit aufgenommen worden, so Genscher. "Ich habe mich oft gefragt, ob nicht der 9. Oktober der richtige Tag der Einheit gewesen wäre. An diesem 9. Oktober, an dem 'Wir sind das Volk' und 'Keine Gewalt' gerufen wurden, hat sich eigentlich alles entschieden." Aus seiner Sicht hat die erfolgreiche Vollendung der friedlichen Revolution auch ganz klar ein Einheitsdenkmal verdient. Bis heute gibt es kein solches Monument.
Von deutscher Verantwortung in der Welt
Mit Blick auf die Diskussion über die sicherheitspolitische Rolle Deutschlands in der Welt kritisierte Genscher den Trend unter Politikern, immer lauter nach mehr deutscher Verantwortung zu rufen, "gern auch mit dem Zusatz 'endlich'". Dies impliziere: Früher sei nicht genug Verantwortung übernommen worden. "Dem möchte ich lauthals widersprechen. Dieses Land – in seiner tiefsten moralischen Katastrophe geteilt, ausgebombt, zerstört und von Flüchtlingen überlaufen – hat eine lebendige Demokratie aufgebaut", hob Genscher hervor.
Deutschland habe die deutsche und europäische Einigung ermöglicht, als es sich zu den westlichen Demokratien unauflösbar bekannt habe. Im Kalten Krieg sei es außerdem Deutschland gewesen, das mit der Bundeswehr die unter den europäischen Partnern größte Leistung für die gemeinsame Sicherheit erbracht habe. "Und es waren die Deutschen, die mit der Ost- und KSZE-Politik die Tore so weit geöffnet haben, dass sich die politischen Systeme im östlichen Teil des Kontinents verändert haben", erinnerte Genscher.
Für den Liberalen ist deshalb eindeutig: Das geteilte Deutschland habe eine enorme Verantwortung übernommen. "Wenn zu hören ist, wir müssten herunter von der Zuschauertribüne der Weltpolitik, macht mich das fassungslos", unterstrich Genscher. "Dann muss jemand im Heilschlaf gelegen haben, als wir um den NATO-Doppelbeschluss gerungen haben." Den neuen Herausforderungen der globalisierten Welt müsse Deutschland sich zwar stellen. "Aber nicht nur wir."