FDPDas aktuelle InterviewVerwaltungsnachhilfe für Athen
Katja Suding23.07.2015Das griechische Parlament hat ein weiteres Reformpaket beschlossen – allerdings leicht abgespeckt. Kleine Pakete reichten jedoch nicht aus, erläuterte FDP-Vize Katja Suding im Interview mit der "Passauer Neuen Presse". "Was Griechenland braucht, ist eine Reform des Staatswesens", stellte sie klar. Sudings Vorschlag: Deutsche Beamten nach Griechenland entsenden, um bei der Reform der Verwaltung zu helfen.
"Wir Deutsche sind gut in diesen Dingen. Wir haben gut funktionierende Behörden, vom Steuerwesen bis zu den Katasterämtern. Bürokratie, das können wir", fasste die Freidemokratin zusammen. Die Aufbauphase werde viel Zeit in Anspruch nehmen, die Finanzhilfen seien geeignet, diese Zeit zu überbrücken. "Wenn Griechenland das nicht angeht, wird am Ende der Grexit stehen. Da darf sich niemand etwas vormachen", unterstrich Suding.
Bildung ist eine soziale Frage
Suding machte deutlich: "Bildung ist die soziale Frage unseres Jahrhunderts." Der Bund müsse finanziell stärker in die Pflicht genommen werden, hob sie hervor. "Das Bildungsniveau darf nicht von der Finanzstärke des Bundeslandes abhängen." Es dürfe kein Nachteil für Kinder sein, im "falschen Bundesland" auszuwachsen. "Wir müssen deutschlandweit gültige Standards und Ziele schaffen – und gleichzeitig den Weg dorthin der einzelnen Schule offenlassen", forderte Suding.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Frage: Die FDP ist gegen weitere Griechenland-Hilfen. Warum dieser Kurswechsel?
SUDING: Das ist kein Kurswechsel. Wir haben 2010 und 2012 im Bundestag den Rettungspaketen zugestimmt. Die Situation damals war aber fundamental anders – es galt: Hilfe gegen Reformen. Das hat in Irland und Portugal auch funktioniert. Bei Griechenland hat es nicht funktioniert. Von dem Paket, das man jetzt geschnürt hat, sind wir nicht überzeugt – genauso wenig wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, sein Vorgänger Peer Steinbrück und nicht zuletzt der griechische Premierminister Alexis Tsipras selbst. Das, was da vereinbart wurde, wird das Land nicht auf Kurs bringen. Was Griechenland braucht, ist eine Reform des Staatswesens. Stattdessen wurde wieder einmal nur Zeit gekauft und der Weg in eine faktische Transferunion beschritten. Die Bundeskanzlerin war in diesem ganzen Prozess viel zu lasch – und hat nichts weniger gemacht, als die europäische Idee auszuhebeln.
Frage: Was kann man tun?
SUDING: Deutschland und die Bundesländer sollten das Angebot, das sie Griechenland bereits vor einigen Jahren gemacht haben, Hilfe und Beratung durch die Entsendung von deutschen Beamten bei der Reform des griechischen Staatswesens zu leisten, erneuern. Wir Deutsche sind gut in diesen Dingen. Wir haben gut funktionierende Behörden, vom Steuerwesen bis zu den Katasterämtern. Bürokratie, das können wir. Diese Phase des Aufbaus eines funktionierenden Staatswesens wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Diese Zeit zu überbrücken, würde Sinn machen. Aber umgekehrt gilt auch: Wenn Griechenland das nicht angeht, wird am Ende der Grexit stehen. Da darf sich niemand etwas vormachen.
Frage: Süddeutschland hat besonders unter dem Flüchtlingsansturm zu leiden. Bayern reagiert mit Extra-Lagern für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, etwa aus dem Westbalkan. Zu radikal?
SUDING: Herr Seehofer und seine CSU dürfen mit Populismus und Pauschalurteilen keine Ressentiments schüren, sondern müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, die wir gegenüber Menschen haben, die aus großer Not zu uns fliehen. Um denen besser helfen zu können, die etwa aus Bürgerkriegsgebieten hierher kommen, sollten in der Tat die Länder des Westbalkans zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Ebenso notwendig ist es, Asylverfahren massiv zu beschleunigen. Müsste der Bund die Kosten für die Flüchtlinge tragen, statt die Hauptlast den Ländern und Kommunen aufzubürden, würde es wahrscheinlich schneller gehen. Anstatt einen bayerischen Alleingang zu unternehmen, sollte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer doch bitteschön mal in Berlin ein bisschen Dampf machen. Er ist doch Teil der Großen Koalition, die CSU regiert im Bund.
Frage: Bayern bezahlt mit Abstand den größten Batzen beim Länderfinanzausgleich. Ihre Heimat Hamburg pendelt – einmal ist man Geber-, einmal Nehmerland. Haben Sie Sympathie dafür, dass Bayern weniger zahlen möchte?
SUDING: Ich habe vor allem eine große Sympathie dafür, den Länderfinanzausgleich auf komplett neue Beine zu stellen. Wirtschaftliche und politische Anstrengungen müssen sich lohnen. Deshalb dürfen wirtschaftliche und politische Schwäche nicht durch Transfers einfach mit Geld zugeschüttet werden. Zusätzlich brauchen wir eine stärkere Finanzautonomie der Länder, etwa durch eigene Hebesätze bei der Einkommensteuer.
Frage: Eine bayerische Idee.
SUDING: Wettbewerb zwischen den Ländern? Das ist eine liberale Idee.
Frage: Ihr Leib- und Magenthema ist die Bildung. Was muss da anders werden?
SUDING: Bildung ist die soziale Frage unseres Jahrhunderts. Da muss der Bund finanziell stärker in die Pflicht genommen werden. Das Bildungsniveau darf nicht von der Finanzstärke des Bundeslandes abhängen. Und man kann Kindern nicht sagen: Ihr habt Pech gehabt, weil ihr im falschen Bundesland aufwachst. Wir müssen deutschlandweit gültige Standards und Ziele schaffen – und gleichzeitig den Weg dorthin der einzelnen Schule offenlassen.
Frage: Bayern wird sein Abitur aber nicht leichter machen, damit es für andere Bundesländer auch klappt.
SUDING: Bayern soll sein Abitur auf gar keinen Fall leichter machen – es sollten sich andere Bundesländer eher am bayerischen Niveau orientieren.
Frage: Die FDP hat nach dem großen Crash 2013 zuletzt den Einzug in Länderparlamente geschafft. Was macht Sie so sicher, dass die FDP ab 2017 wieder im Bundestag sitzt?
SUDING: Bis zur Bundestagswahl stehen noch sieben Landtagswahlen an. Für uns ist jede Landtagswahl eine kleine Bundestagswahl, die die ganze FDP herausfordert. Dass das erfolgreich sein kann, haben FDP-Frauen – mit mir in Hamburg und Lencke Steiner in Bremen – gezeigt. Jetzt werden die FDP-Männer Volker Wissing, Hans-Ulrich Rülke und Frank Sitta im März 2016 zeigen, dass sie es draufhaben.
Frage: Glauben Sie, dass den Menschen in Deutschland die FDP fehlt?
SUDING:Ja, eindeutig. Schauen Sie sich doch mal Regierung wie Opposition in Berlin an: Da werden die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft missachtet, Freiheit und Bürgerrechte mit Füßen getreten, wir werden bürokratisiert, reglementiert und abkassiert. Mindestlohn, Vorratsdatenspeicherung, Solidaritätszuschlag, Frauenquote, Arbeitsstättenverordnung, Griechenland-Hilfe – bei aller Demut, die wir als FDP gelernt haben: Liberale fehlen an allen Ecken und Enden.
Verwaltungsnachhilfe für Athen
Katja SudingDas griechische Parlament hat ein weiteres Reformpaket beschlossen – allerdings leicht abgespeckt. Kleine Pakete reichten jedoch nicht aus, erläuterte FDP-Vize Katja Suding im Interview mit der "Passauer Neuen Presse". "Was Griechenland braucht, ist eine Reform des Staatswesens", stellte sie klar. Sudings Vorschlag: Deutsche Beamten nach Griechenland entsenden, um bei der Reform der Verwaltung zu helfen.
"Wir Deutsche sind gut in diesen Dingen. Wir haben gut funktionierende Behörden, vom Steuerwesen bis zu den Katasterämtern. Bürokratie, das können wir", fasste die Freidemokratin zusammen. Die Aufbauphase werde viel Zeit in Anspruch nehmen, die Finanzhilfen seien geeignet, diese Zeit zu überbrücken. "Wenn Griechenland das nicht angeht, wird am Ende der Grexit stehen. Da darf sich niemand etwas vormachen", unterstrich Suding.
Bildung ist eine soziale Frage
Suding machte deutlich: "Bildung ist die soziale Frage unseres Jahrhunderts." Der Bund müsse finanziell stärker in die Pflicht genommen werden, hob sie hervor. "Das Bildungsniveau darf nicht von der Finanzstärke des Bundeslandes abhängen." Es dürfe kein Nachteil für Kinder sein, im "falschen Bundesland" auszuwachsen. "Wir müssen deutschlandweit gültige Standards und Ziele schaffen – und gleichzeitig den Weg dorthin der einzelnen Schule offenlassen", forderte Suding.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Frage: Die FDP ist gegen weitere Griechenland-Hilfen. Warum dieser Kurswechsel?
SUDING: Das ist kein Kurswechsel. Wir haben 2010 und 2012 im Bundestag den Rettungspaketen zugestimmt. Die Situation damals war aber fundamental anders – es galt: Hilfe gegen Reformen. Das hat in Irland und Portugal auch funktioniert. Bei Griechenland hat es nicht funktioniert. Von dem Paket, das man jetzt geschnürt hat, sind wir nicht überzeugt – genauso wenig wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, sein Vorgänger Peer Steinbrück und nicht zuletzt der griechische Premierminister Alexis Tsipras selbst. Das, was da vereinbart wurde, wird das Land nicht auf Kurs bringen. Was Griechenland braucht, ist eine Reform des Staatswesens. Stattdessen wurde wieder einmal nur Zeit gekauft und der Weg in eine faktische Transferunion beschritten. Die Bundeskanzlerin war in diesem ganzen Prozess viel zu lasch – und hat nichts weniger gemacht, als die europäische Idee auszuhebeln.
Frage: Was kann man tun?
SUDING: Deutschland und die Bundesländer sollten das Angebot, das sie Griechenland bereits vor einigen Jahren gemacht haben, Hilfe und Beratung durch die Entsendung von deutschen Beamten bei der Reform des griechischen Staatswesens zu leisten, erneuern. Wir Deutsche sind gut in diesen Dingen. Wir haben gut funktionierende Behörden, vom Steuerwesen bis zu den Katasterämtern. Bürokratie, das können wir. Diese Phase des Aufbaus eines funktionierenden Staatswesens wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Diese Zeit zu überbrücken, würde Sinn machen. Aber umgekehrt gilt auch: Wenn Griechenland das nicht angeht, wird am Ende der Grexit stehen. Da darf sich niemand etwas vormachen.
Frage: Süddeutschland hat besonders unter dem Flüchtlingsansturm zu leiden. Bayern reagiert mit Extra-Lagern für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, etwa aus dem Westbalkan. Zu radikal?
SUDING: Herr Seehofer und seine CSU dürfen mit Populismus und Pauschalurteilen keine Ressentiments schüren, sondern müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, die wir gegenüber Menschen haben, die aus großer Not zu uns fliehen. Um denen besser helfen zu können, die etwa aus Bürgerkriegsgebieten hierher kommen, sollten in der Tat die Länder des Westbalkans zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Ebenso notwendig ist es, Asylverfahren massiv zu beschleunigen. Müsste der Bund die Kosten für die Flüchtlinge tragen, statt die Hauptlast den Ländern und Kommunen aufzubürden, würde es wahrscheinlich schneller gehen. Anstatt einen bayerischen Alleingang zu unternehmen, sollte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer doch bitteschön mal in Berlin ein bisschen Dampf machen. Er ist doch Teil der Großen Koalition, die CSU regiert im Bund.
Frage: Bayern bezahlt mit Abstand den größten Batzen beim Länderfinanzausgleich. Ihre Heimat Hamburg pendelt – einmal ist man Geber-, einmal Nehmerland. Haben Sie Sympathie dafür, dass Bayern weniger zahlen möchte?
SUDING: Ich habe vor allem eine große Sympathie dafür, den Länderfinanzausgleich auf komplett neue Beine zu stellen. Wirtschaftliche und politische Anstrengungen müssen sich lohnen. Deshalb dürfen wirtschaftliche und politische Schwäche nicht durch Transfers einfach mit Geld zugeschüttet werden. Zusätzlich brauchen wir eine stärkere Finanzautonomie der Länder, etwa durch eigene Hebesätze bei der Einkommensteuer.
Frage: Eine bayerische Idee.
SUDING: Wettbewerb zwischen den Ländern? Das ist eine liberale Idee.
Frage: Ihr Leib- und Magenthema ist die Bildung. Was muss da anders werden?
SUDING: Bildung ist die soziale Frage unseres Jahrhunderts. Da muss der Bund finanziell stärker in die Pflicht genommen werden. Das Bildungsniveau darf nicht von der Finanzstärke des Bundeslandes abhängen. Und man kann Kindern nicht sagen: Ihr habt Pech gehabt, weil ihr im falschen Bundesland aufwachst. Wir müssen deutschlandweit gültige Standards und Ziele schaffen – und gleichzeitig den Weg dorthin der einzelnen Schule offenlassen.
Frage: Bayern wird sein Abitur aber nicht leichter machen, damit es für andere Bundesländer auch klappt.
SUDING: Bayern soll sein Abitur auf gar keinen Fall leichter machen – es sollten sich andere Bundesländer eher am bayerischen Niveau orientieren.
Frage: Die FDP hat nach dem großen Crash 2013 zuletzt den Einzug in Länderparlamente geschafft. Was macht Sie so sicher, dass die FDP ab 2017 wieder im Bundestag sitzt?
SUDING: Bis zur Bundestagswahl stehen noch sieben Landtagswahlen an. Für uns ist jede Landtagswahl eine kleine Bundestagswahl, die die ganze FDP herausfordert. Dass das erfolgreich sein kann, haben FDP-Frauen – mit mir in Hamburg und Lencke Steiner in Bremen – gezeigt. Jetzt werden die FDP-Männer Volker Wissing, Hans-Ulrich Rülke und Frank Sitta im März 2016 zeigen, dass sie es draufhaben.
Frage: Glauben Sie, dass den Menschen in Deutschland die FDP fehlt?
SUDING:Ja, eindeutig. Schauen Sie sich doch mal Regierung wie Opposition in Berlin an: Da werden die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft missachtet, Freiheit und Bürgerrechte mit Füßen getreten, wir werden bürokratisiert, reglementiert und abkassiert. Mindestlohn, Vorratsdatenspeicherung, Solidaritätszuschlag, Frauenquote, Arbeitsstättenverordnung, Griechenland-Hilfe – bei aller Demut, die wir als FDP gelernt haben: Liberale fehlen an allen Ecken und Enden.