FDPNPD-Verbot

Verbotsantrag ist reine Symbolpolitik

Richterin hält GesetzbuchFDP hat rechtliche Bedenken gegen einen NPD-Verbotsantrag
29.01.2014

Der Bundesrat wagt einen zweiten Anlauf und hat am Dienstag den neuen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn äußert im "Bild"-Interview „schwerwiegende rechtliche Bedenken gegen einen solchen Antrag“, warnt vor den Folgen eines Scheiterns und erklärt, wie man aus seiner Sicht Rechtsextremismus effektiv bekämpft.

Auf mehr als 250 Seiten versuchen die Bundesländer, Parallelen zwischen der Ideologie der NPD und den Nationalsozialisten des Dritten Reiches aufzuzeigen, um den Verbotsantrag zu rechtfertigen. Für das Verbot einer Partei setzt die Verfassung hohe Hürden. Ein Parteienverbot können deshalb nur die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beantragen und das auch nur beim Bundesverfassungsgericht. Ein erstes Verbotsverfahren war 2003 insbesondere daran gescheitert, dass die Behörden auch in Führungsebenen der Partei V-Leute platziert hatten.

Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn hat auch dieses Mal „schwerwiegende rechtliche Bedenken gegen einen solchen Antrag.“ Für ihn stellt er „reine Symbolpolitik“ dar. Die Politik wolle zeigen, „dass sie etwas gegen Rechts unternimmt und wählt ein denkbar schlechtes Mittel dazu.“ Er kritisiert, dass der NPD mit dem Verfahren den „rote Teppich zu medialer Aufmerksamkeit“ ausgerollt werde.

Demokratie-TÜV für die NPD?

Der Justizminister weist auch darauf hin, dass  selbst wenn die verfassungsgerichtlichen Hürden überwunden würden, auch die rechtlichen Voraussetzungen für ein Partei-Verbot auf Ebene des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg vorliegen müssten. Danach reicht es nicht aus, eine staatsfeindliche und antidemokratische Gesinnung zu haben, sondern es muss auch eine ‚echte Gefahr’ der Machtübernahme drohen. "Das sehe ich bei Wahlergebnissen zwischen 0,8 und 1,3 Prozent einfach nicht“, so Hahn.

Der Liberale befürchtet, dass die NPD bei einem Scheitern des Antrags „von höchster europäischer Stelle einen Demokratie-TÜV“ bekomme. „Das triumphierende Johlen dieser Personen möchte ich mir als Demokrat nicht vorstellen.“ Grundsätzlich sei er der Auffassung, „dass wir Extremisten an den Stammtischen, an den Infoständen und im ganz normalen Leben bekämpfen müssen, nicht im Verhandlungssaal des Bundesverfassungsgerichts. Aber wahr ist auch: Dummheit kann man nicht verbieten.“

Ex-Verfassungspräsident auch skeptisch

Auch der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat sich skeptisch zu den Erfolgsaussichten des neuen NPD-Verbotsverfahrens geäußert. Ein Verbot politischer Parteien muss die äußerste Ausnahme sein", um eine Partei verbieten zu können, gebe es hohe Hürden, sagte Papier am Dienstag im "RBB-Inforadio".

Die Vertretung und Verbreitung verfassungswidriger Ideen allein reichten für ein Verbot nicht aus - es müsse auch eine aggressiv-kämpferische, aktiv-kämpferische Haltung gegenüber den Grundwerten und dem Kernbestand der verfassungsmäßigen Ordnung hinzukommen. Verbotsverfahren vor dem höchsten deutschen Gericht bescherten "relativ marginalen Gruppierungen" ungerechtfertigte Aufmerksamkeit im In- und Ausland - insbesondere wenn ein Verbotsverfahren scheitere.

Der frühere Verfassungsgerichts-Präsident plädierte dafür, extremistische Gesinnungen politisch zu bekämpfen. Gefragt seien „Aufgeklärtheit, Wachheit, Mut und Engagement der Zivilgesellschaft, um solche verwerflichen und verwirrten politischen Ideologien und Anschauungen zu bekämpfen und in eine politische und gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit zu verbannen“, sagte Papier.

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