FDPChemische Waffen

Verantwortung des Assad-Regimes wahrscheinlich

Guido Westerwelle
29.01.2014

Beim Giftgasangriff auf syrische Bürger belegen Erkenntnisse der Partnerländer Deutschlands immer mehr die Schuld des Assad-Regimes. Das hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) im Interview mit der Magdeburger "Volksstimme" verdeutlicht. "Die Fakten, die für eine Verantwortung des Regimes sprechen, wiegen schwer, und sie sind plausibel", erklärte er. Umso wichtiger sei es, dass die Vereinten Nationen die Proben der Inspekteure zügig auswerten, um einen gemeinsamen Beschluss im Sicherheitsrat zu ermöglichen.

Westerwelle bekräftigte, dass der Einsatz von Chemiewaffen ein zivilisatorisches Verbrechen sei, bei dem die Weltgemeinschaft nicht einfach zur Tagesordnung übergehen dürfe. Im Sicherheitsrat sowie beim G-20-Gipfel in Sankt Petersburg führe Deutschland weiter intensive Gespräche zum syrischen Bürgerkrieg und zur Antwort der Welt auf den Angriff in der syrischen Region Ghuta. "Mein dringlicher Appell geht an Moskau und die russische Regierung, einem Regime, das Chemiewaffen einsetzt, die schützende Hand zu entziehen", forderte der Liberale.

Politische Lösung weiter anstreben

Der Außenminister betonte, bei der Frage einer gemeinsamen Aktion gehe es nicht um die Schwächung der strategischen Interessen von Russland in der Region, sondern darum, eine dauerhafte Lösung für Syrien zu erreichen und den schrecklichen Bürgerkrieg zu überwinden. "Ich hoffe, dass die amerikanisch-russische Initiative für eine zweite Genfer Konferenz noch eine Chance bekommt", sagte er. Dabei begrüßte der Minister, dass US-Präsident Barack Obama einen "sehr ernsthaften Abwägungsprozess" im Kongress zu den Handlungsoptionen begonnen habe. "Wir geben nicht auf, für eine gemeinsame Haltung der Weltgemeinschaft zu werben", unterstrich Westerwelle.

Allerdings erklärte er, dass eine militärische Beteiligung Deutschlands an einem Einsatz der Weltgemeinschaft weder erfragt sei noch bei der Bundesregierung erwogen werde. Vielmehr setze sich die Bundesregierung bei der diplomatischen Arbeit weiter für die Chance einer politischen Lösung ein. "Bundeskanzlerin Angela Merkel und ich sind im ständigen Gespräch - nicht nur mit unseren Verbündeten, sondern natürlich auch mit Russland und China, aber auch mit den Staaten der Region. Und ich habe auch bereits ein Gespräch mit dem iranischen Außenminister geführt", teilte Westerwelle mit. Deutschland arbeite mit Hochdruck, um nichts unversucht zu lassen. "Gäben wir jetzt auf, dann gäben wir die Menschen in Syrien auf", machte er deutlich.

Menschenrechtsverletzungen nicht tatenlos zusehen

Die Behauptung von Peer Steinbrück (SPD), dass deutscher Einfluss in Moskau dadurch geschwächt worden sei, dass die Bundesregierung Kritik an innenpolitischen Entwicklungen in Russland übte, "richtet sich selbst", so der Außenminister. "Soll man Herrn Steinbrück so verstehen, dass eine Bundesregierung unter seiner Führung über Verletzungen der Menschenrechte in Russland schweigen würde? Das wäre aus meiner Sicht nicht nur inakzeptabel, es wäre auch wirkungslos", stellte Westerwelle im "Tagesspiegel" klar.

Bestimmt sei die Kritik aus Deutschland gegen die Schwächung der russischen Zivilgesellschaft, die Übergriffe auf Nichtregierungsorganisationen und die Diskriminierung von Homosexuellen in Moskau nicht gerne gehört worden. Dieser Kurs sei als Ausdruck einer "wertebasierten Außenpolitik" trotzdem richtig und notwendig gewesen. "Wir haben uns in den vergangenen zwei Jahren mit dem größten Nachdruck bemüht, Russland davon zu überzeugen, seine Haltung zum Bürgerkrieg in Syrien zu verändern. Leisetreterei wird Präsident Putin sicher nicht beeindrucken und schon gar nicht seine Haltung in der Syrienfrage beeinflussen", führte Westerwelle aus.

Vereinte Nationen reformieren

Über die aktuellen Verhandlungen hinaus forderte der Minister eine Überarbeitung der UN-Strukturen. "Ich halte unabhängig von der Frage des Bürgerkrieges in Syrien und der Lähmung im Sicherheitsrat eine Reform der Vereinten Nationen für dringlich", unterstrich er. Die Vereinten Nationen spiegelten immer noch zu sehr die politischen Gewichte nach dem Zweiten Weltkrieg wider, aber nicht die Architektur der modernen Welt, so Westerwelle. "Dass Afrika und Lateinamerika mit keiner einzigen Stimme permanent im Sicherheitsrat vertreten sind - das ist die Welt von gestern, aber nicht die Welt von heute oder morgen." Bei dieser Frage arbeite Deutschland zusammen als Teil einer Initiativgruppe mit Brasilien, Indien und Japan, um eine Reform voranzubringen.

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