FDPGriechenland

Tsipras muss Verträge einhalten

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff
03.02.2015

Das Verhältnis zwischen Griechenland und der EU bleibt angespannt. Alexander Graf Lambsdorff betont: Bislang gebe es nur vollmundige Wahlversprechen des neuen griechischen Premiers Alexis Tsipras – keine Taten. Tsipras versuche so die Griechen davon zu überzeugen, dass tatsächlich ein völlig neuer Politikstil eingekehrt sei. „Die EU wird auf den 12. Februar warten, da muss Tsipras zum Gipfel nach Brüssel kommen und sich erklären“, erläutert der Vorsitzende der FDP im Europaparlament gegenüber dem „Deutschlandfunk“.

Die Ankündigung Tsipras‘, nicht mehr mit der Troika zusammenarbeiten zu wollen, sieht Lambsdorff gelassen: „Das ist so ähnlich, wie wenn Sie einen Kredit bei Ihrer Bank aufnehmen und anschließend der Bank erklären, Sie redeten nicht mehr mit ihr, wenn es darum geht, die Rückzahlungsmodalitäten zu vereinbaren.“ Der Wunsch der neuen griechischen Regierung, nicht mehr auf Gelder aus der EU angewiesen zu sein – und entsprechend auch nicht mehr die Bedingungen der EU erfüllen zu müssen – hält der Freie Demokrat für eine Vorstellungen, „die mit der Realität sehr wenig zu tun“ habe. „Es sei denn tatsächlich, dass Griechenland neue Finanzquellen auftut, die kann ich allerdings noch nicht sehen.“

Eines sei klar: Auch ein Tsipras könne „kein Geld zaubern“, hebt Lambsdorff hervor. Denn der Ursprung dieser Krise seien die zerrütteten öffentlichen Finanzen. „Und wir sind noch lange nicht aus der Krise raus, weil die Haushaltsdaten Griechenlands eine selbsttragende Politik dort ohne Hilfe von außen ja gar nicht ermöglichen.“ Er hofft darauf, dass beim EU-Gipfel klare Worte gesprochen werden: „Herr Tsipras muss am 12. Februar erklären, wie er sich denn Alternativen vorstellt, anstatt nur zu sagen, was er alles nicht tut. Ich glaube, das ist das Entscheidende.“

Im Gespräch mit dem „rbb-inforadio“ stellt Lambdorff klar, dass „marktwirtschaftliche Reformen viel wichtiger als die Debatte über die Schulden“ seien. „Es geht um die Frage: Geht es weiter mit Privatisierung, Liberalisierung? Werden Voraussetzungen geschaffen, dass Unternehmer in Griechenland erfolgreich sein können oder werden ihnen Steine in den Weg gelegt? Da ist bei Griechenland noch viel, viel Nachholbedarf.“

FDP-EU-Parlamentarier Michael Theurer führt gegenüber „Deutschlandradio Kultur“ aus: „Die Alternative zu einer verhandelten Hilfe gegen Auflagen ist ja, dass sich Griechenland an den internationalen Finanzmarkt wenden muss.“ Allerdings sei es fraglich, ob diese Strategie aufgehe. Tsipras müsse entscheiden, „ob er die Hilfen der Eurogruppe annimmt oder sich dem internationalen Finanzmarkt ausliefert“, gibt Theurer zu bedenken. Griechenland sei praktisch permanent auf den Zufluss von Krediten angewiesen, „ansonsten bricht der Staat dort zusammen“. Der Premier habe es „selbst in der Hand, ob er die Tür zum Euro zuschlägt“.

Kein Schuldenschnitt für Athen

Um einen Austritt Griechenlands aus der EU zu vermeiden und die neue griechische Regierung doch zur Kooperation zu bewegen, steht sowohl ein Schuldenschnitt als auch eine Verlängerung der Zahlungsfristen im Raum. Lambsdorff sieht diese Maßnahmen kritisch. Längere Fristen hätten höchstens symbolischen Charakter, erklärt er. „Und beim Schuldenschnitt gilt ganz klar: Nein, das kommt überhaupt nicht infrage, was sollen wir den Leuten in Spanien, in Portugal denn erklären, die haben ohne Schuldenschnitt hier sehr schwere und auch tiefe Einschnitte hinnehmen müssen und zahlen selbstverständlich ihre Schulden zurück. Das wäre zutiefst unfair.“

Grexit hat seinen Schrecken verloren

Die Kritik an der Austeritätspolitik sei legitim, allerdings müsse dann dargelegt werden, was die Alternativen seien, unterstreicht der Freie Demokrat. „Die Alternative für Griechenland ist der Staatsbankrott. Das ist dann der vollständige Zusammenbruch, das kennen wir aus Ländern wie Argentinien, das wollen wir in der Euro-Zone ganz sicher nicht haben.“ Wenn der neue griechische Premier mit der Umsetzung seines Wahlprogramms ernst mache, „dann führt auch kein Weg daran vorbei, dass Griechenland die Euro-Zone verlässt“, stellt Lambsdorff klar.

„Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ist nicht mehr das Schreckensszenario, das es 2010 oder 2012 war. Wir haben mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus, mit einer selbstbewussten Europäischen Zentralbank, mit dem Beginn einer Bankenunion Institutionen geschaffen in Europa, die die Folgen abfedern könnten. Also mit anderen Worten: Auch das Erpressungspotenzial von Herrn Tsipras ist erheblich geringer als noch vor einigen Jahren.“

Wirtschaftsreformen statt Schuldendebatte

Das Präsidium der Freien Demokraten fasste bei seiner Sitzung in der Wahlkampfstadt Hamburg einen Beschluss zur Lage in Griechenland. "Die außerordentlich hohen Sparanstrengungen der letzten griechischen Regierung verdienen unseren Respekt", machte das FDP-Präsidium deutlich. "Andererseits sind die marktwirtschaftlichen Reformen der griechischen Realwirtschaft noch lange nicht ausreichend, da die Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten sie immer wieder verschleppt hat." Die Freien Demokraten formulierten vier Punkte für den zukünftigen Umgang der EU mit Athen und der neuen Regierung.

Bei der Vorstellung des Beschlusses in Hamburg erklärte FDP-Chef Christian Lindner, dass die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds "eine gewisse Unabhängigkeit von politischen Deals" bewirkt habe. "Wenn das die EU-Kommission macht, heißt das, die Tagespolitik entscheidet darüber, ob Fortschritte erzielt worden sind", mahnte Lindner. Für die FDP ist außerdem eindeutig: Die neue griechische Regierung muss alle geltenden Verträge einhalten.

Verträge müssen eingehalten werden

Lambsdorff machte die Position der Freien Demokraten deutlich: "Verträge sind einzuhalten." Die Kritik an der Troika sei deswegen falsch. Unter den Umständen sei die Troika das beste Instrument gewesen, um die notwendige Reformpolitik in den Krisenländern voranzutreiben. In Spanien, Portugal und Irland seien mit dieser Methoda konkrete Ergebnisse erzielt worden, machte der Freie Demokrat deutlich.

Tsipras wird sich in Zukunft - seinem Wunsch entsprechend - nicht mehr mit der Troika herumschlagen müssen. Denn: Der Europäische Gerichtshof hat die Beteiligung der EZB an der Troika für unzulässig erklärt. "Eine Änderung ist also ohnehin erforderlich", sagte Lambsdorff dem "Handelsblatt". Er machte deutlich, dass Griechenland, solange es EU-Hilfen beanspruche, darauf angewiesen sei, dass die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds, "die Einhaltung der griechischen Zusagen unterstützen und die erforderlichen marktwirtschaftlichen Reformen begleiten".

Lambsdorff stellte jedoch klar, dass diese Veränderung keine Lockerung der Reformbedingungen bedeute. "Sollte die Kommission dieser Vorstellung anhängen, stieße sie auf den entschiedenen Widerspruch der FDP", warnte Lambsdorff. Die Steuerzahler in den Geberländern hätten Anspruch darauf, zu erfahren, ob sich die griechische Seite an ihre Zusagen halte.

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