21.05.2014FDPEuropa

THEURER-Interview für die „Rhein-Neckar-Zeitung“

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied MICHAEL THEURER gab der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte KATHRIN FRANK:

Frage: Angesichts der Umfragewerte der FDP: Sind Sie froh, dass für die Europawahl keine Prozenthürde gilt?

THEURER: Nein. Die FDP war für die Beibehaltung der Fünf-Prozent-Hürde. Und als es um die drei Prozent ging, haben wir im Bundestag auch dafür gestimmt, weil wir gegen die Zersplitterung der Parteienlandschaft sind.

Frage: Sie würden in Kauf nehmen, dass die FDP nicht mehr im Parlament sitzt?

THEURER: Für eine bessere Regierbarkeit schon. Denn wir sind anders als das Gericht der Meinung, dass es sich beim Europäischen Parlament um ein vollwertiges Parlament handelt. Mit den Verträgen von Lissabon hat das Parlament in fast allen europäischen Gesetzgebungsverfahren Mitentscheidungsrechte erhalten. Und schon jetzt sind die Entscheidungen häufig sehr knapp.

Frage: Zum ersten Mal gibt es bei der Europawahl Spitzenkandidaten der Parteien. Eine gute Idee?

THEURER: Im Prinzip schon. Wir wissen nur nicht, warum die CDU Angela Merkel plakatiert, obwohl sie auf keiner Wahlliste steht. Vielleicht möchte sie ja Kommissionspräsidentin werden? Eigentlich lassen die Plakate nur diesen Schluss zu.

Frage: Im Wahlprogramm der FDP steht, dass Sie die EU als föderalen Bundesstaat gestalten wollen. Müssen die Nationalstaaten also noch mehr Souveränität nach Brüssel abgeben?

THEURER: Die FDP hat festgestellt, dass die Bürger eine langfristige Zielvorstellung wollen, wofür Europa gut ist. Wir haben beschlossen, dass es am besten wäre, die EU als föderalen, dezentralen Bundesstaat zu organisieren, der demokratisch legitimiert wird. Ich stelle mir eine Bürgerrepublik vor, bei der die Menschen in Volksabstimmungen mitentscheiden können. Wir wollen sicher keine EU, die sich regulierend in alle Lebensbereiche einmischt. Aber wir brauchen eine starke EU in der Außen- und Sicherheitspolitik und auch im Binnenmarkt.

Frage: Aber wenn Sie in 28 Ländern Volksabstimmungen abhalten, müssen Sie auch mit Neins zu Europa rechnen.

THEURER: Ich als Liberaler habe keine Angst vorm Bürger. Wir wollen mit den Bürgern über eine neue Verfassung diskutieren, die am Ende des Meinungsbildungsprozesses einer Abstimmung unterliegt. Das Ganze muss auch rückgekoppelt werden mit einer Zustimmung der nationalen Parlamente. Und wenn wir an den Punkt kommen, dass aus dem jetzigen so genannten Staatenverbund ein Bundesstaat wird, dann muss sich eben jedes Mitgliedsland überlegen, ob es bei dieser vertieften Integration mitmachen will oder nicht.

Frage: Besteht dann nicht die Gefahr, dass es schon bald Europäer erster und zweiter Klasse gibt?

THEURER: Wir haben doch heute schon ein Europa der drei Geschwindigkeiten. Die Eurorettung zum Beispiel wurde doch nicht von der EU organisiert, sondern von einer neuen europäischen Gemeinschaft. Der europäische Stabilitätsmechanismus ist ein neuer Vertrag nach der intergouvernementalen Methode. Es sind ja auch nur 18 von 28 Ländern bei der Währungsunion dabei. Was wir ablehnen, ist aber ein Rückfall in nationale Egoismen, den uns manche Nationalstaatsromantiker auf der rechten Seite verkaufen wollen.

Frage: Im FDP-Programm steht aber auch, dass Sie Bereiche an die nationalen Parlamente rückübertragen wollen.

THEURER: Für uns ist eine Rückübertragung von bestimmten Bereichen kein Tabu, aber wir stellen das auch nicht so ins Schaufenster wie manche andere. Wir haben zum Beispiel diskutiert, ob man nicht die Agrarpolitik rückübertragen sollte. Da geht es vor allem um Subventionen, denen wir als Liberale sowieso kritisch gegenüberstehen. Wir wollen die Exportsubventionen für die Landwirtschaft komplett streichen. Und wenn dann nur noch rudimentäre Fragen wie Landschaftspflege in der europäischen Agrarpolitik enthalten sind, dann könnte man das auch rückübertragen.

 

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