FDPPressefreiheit

Straftatbestand Landesverrat bei Journalisten abschaffen

Justiz
03.08.2015

Nachdem "Netzpolitik.org" aus vertraulichen Unterlagen des Verfassungsschutzes zitiert hat, wurden gegen die verantwortlichen Journalisten Ermittlungen wegen Landesverrats eingeleitet. Für die FDP ein inakzeptables Vorgehen. Die Anzeige sei ein "brutal-plumpes Ablenkungsmanöver" von der Tatsache, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen seinen Laden nicht im Griff habe, konstatierte FDP-Chef Christian Lindner im Interview mit der "Passauer Neuen Presse".

Maaßens Behörde werde ihren Aufgaben an vielen Stellen nicht gerecht, so Lindner weiter. "Man denke nur an die jahrelange Ausspähung der Bundesregierung und vieler Bürger durch amerikanische und sonstwelche Geheimdienste", erläuterte er. Aber auch Generalbundesanwalt Harald Range habe verkannt, "dass es hier völlig abwegig ist, gegen Journalisten wegen des Verdachts auf Landesverrat zu ermitteln. Dieser Straftatbestand sollte bei Journalisten abgeschafft werden. Gut, dass er die Ermittlungen ruhen lässt. Er sollte sie ganz einstellen."

Grundrechte schützen statt aushöhlen

Lindner forderte einen Neustart an der Spitze beider Behörden, weil zu viel Vertrauen verlorengegangen sei. "Der Verfassungsschutz hat zudem nicht erst in diesem Fall bei der Wahrung der bürgerlichen Freiheitsrechte keine gute Figur gemacht", stellte der Freidemokrat klar. "Die Bundesregierung will jetzt von ihrer unverständlich weichen Linie gegenüber der NSA ablenken, indem sie besonders hart gegen diejenigen vorgeht, die hier Licht ins Dunkel bringen wollen." Dabei sollten nicht Journalisten, die über Ausspähung berichteten, das Ziel der Ermittler sein, sondern die fremden Nachrichtendienste. "Bundesinnenminister de Maizière muss klarmachen, dass er Grundrechte schützen und nicht aushöhlen will", verlangte der FDP-Chef.

Dass als geheim eingestufte Papiere eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten, sei nicht das Problem der Journalisten von "Netzpolitik.org", machte Lindner deutlich. "Es ist ein Zeichen, dass Herr Maaßen teilweise die Kontrolle über seine Schlapphüte verloren hat. Das Amt ist durchlässig wie ein Sieb. Herr Maaßen markiert jetzt den starken Mann, weil er von den eigenen Versäumnissen ablenken und einschüchtern will. Da versucht sich jemand aus der Verantwortung zu stehlen."

Pressefreiheit muss beachtet werden

Im "NDR Info"-Gespräch betonte FDP-Vize Wolfgang Kubicki, es sei verständlich, dass das Leck innerhalb der Behörde verfolgt werde: "Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob man gegen die Journalisten ermitteln darf, die diese Informationen öffentlich gemacht haben." Kubicki verwies auf das Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2007, wonach zwar diejenigen verfolgt werden dürfen, die Dienstgeheimnisse verraten, die veröffentlichenden Journalisten jedoch nicht. Hier sei das hohe Gut der Pressefreiheit zu berücksichtigen.

"Wenn der Generalbundesanwalt die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Pressefreiheit und zur Aufgabe von Journalisten nicht beachtet, dann ist er in seinem Amt eine Fehlbesetzung", konstatierte Kubicki gegenüber der "Welt am Sonntag".

Mit Kanonen auf Spatzen geschossen

Auch Bundesjustizministerin a.D. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte eine schnelle Einstellung der Ermittlungen. Darüber hinaus müssten die Verantwortlichen Rede und Antwort stehen. "Und das ist das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das hat hier den Stein ins Rollen gebracht, mit Zustimmung des Innenministeriums. Die haben irgendwelche Ansichten zusammengeschrieben und damit mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagte sie im Interview mit dem "Deutschlandfunk". Die Freidemokratin hob hervor, dass gerade in der letzten Legislaturperiode die Pressefreiheit gestärkt worden sei, weil wegen Beihilfe zur Verletzung eines Dienstgeheimnisses nicht mehr gegen Journalisten ermittelt werden dürfe. "Das ist nicht mehr strafbar", unterstrich sie.

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