07.09.2013FDP

Rösler-Interview für Südkurier

Der FDP-Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab dem "Südkurier" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte DIETER LÖFFLER: Frage: Herr Rösler, Ihr Parteifreund Christian Lindner sagt, Rainer Brüderle und Sie sollten auch nach einer Wahlniederlage als FDP-Führungsduo weitermachen. Bleiben Sie FDP-Chef, wenn es am 22. September für Ihre Partei schiefgeht? RÖSLER: Christian Lindner hat vor allem gesagt, dass er auch davon ausgeht, dass der 22. September zu einem Wahlerfolg werden wird. Wir konzentrieren uns voll auf den Wahlkampf. Frage: Was macht Sie so sicher, dass es für die FDP reichen wird? RÖSLER: Wenn Sie die Menschen fragen, dann sagt eine große Mehrheit: Es waren vier gute Jahre für unser Land. Die FDP steht dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt. Wir kämpfen für solide Haushalte, und zwar in Deutschland und in ganz Europa. Wir sind die einzige Partei, die sich klar gegen weitere Belastungen ausspricht. Wir wollen den Soli abschaffen. Vor allem stehen wir für gesellschaftliche Freiheit und gegen Bevormundung. Die Bürger wollen sich zum Beispiel nicht vorschreiben lassen, wann sie Fleisch zu essen haben und wann nicht. Deswegen bin ich mit Blick auf den 22. September sehr optimistisch. Frage: Was ist denn Ihr Wahlziel? Können Sie das in Prozent ausdrücken? RÖSLER: Ich nenne keine Prozentzahlen. Geworben wird mit dem Produkt. Und das Produkt der FDP heißt: Keine neuen Schulden, keine neuen Belastungen, sondern stabile Haushalte und stabiles Geld. Und als urliberale Partei stehen wir für die Themen Bildung und Bürgerrechte. Das sehen Sie an der Vorratsdatenspeicherung. Wir sind die einzige Partei, die in den letzten vier Jahren konsequent gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung gekämpft hat. Frage: Warum ist die FDP als urliberale Partei dann so still bei der Ausspäh-Affäre? Aus Rücksicht auf die Amerikaner? RÖSLER: Zunächst einmal gilt, wie es sich für eine Rechtsstaats-Partei gehört, die Unschuldsvermutung für den amerikanischen Partner. Anders als es anfangs den Anschein hatte, haben uns die Amerikaner ja offenbar nicht abgehört, sondern sie bekamen Daten von unserem Auslandsnachrichtendienst BND - auf der Grundlage einer Vereinbarung, die der damalige SPD Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier getroffen hat. Frage: Nicht nur bei der Vorratsdatenspeicherung, sondern auch bei der Energiewende hat die FDP eine andere Position als CDU und CSU. Wie ist das Verhältnis zum großen Koalitionspartner? RÖSLER: Die Beziehung ist hervorragend, besonders zwischen Angela Merkel und mir. In einigen Sachfragen haben die FDP und die Union ihre eigenen Auffassungen. Aber wir sind unterschiedliche Parteien. Da kann man in der Sache auch verschiedene Positionen vertreten. Frage: Aber Sie wollen die Koalition fortsetzen? Eine Stimme für die FDP ist auch eine Stimme für Schwarz-Gelb? RÖSLER: Wir wollen die erfolgreiche Regierungskoalition aus Union und FDP fortsetzen. Wir wollen ausdrücklich keine Ampel. Die SPD will 40 Milliarden Euro Steuern obendrauf setzen und Trittin will den Menschen und Unternehmen noch einmal 40 Milliarden Euro Steuern zusätzlich aus der Tasche ziehen. Die Grünen setzen auf Bevormundung, die SPD setzt auf Umverteilung. Das passt mit der FDP einfach nicht zusammen. Aber ich warne auch ausdrücklich vor einer Großen Koalition. Man darf die CDU nicht mit der SPD regieren lassen. In einer Großen Koalition kommt es durch den Einfluss der SPD zu Steuererhöhungen, der Einführung von Eurobonds und Einschränkungen bei den Bürgerrechten. Wer das nicht will, muss die FDP wählen. Frage: Im Gegenzug sagen SPD und Grüne: Die FDP ist eine unsoziale Partei. Was entgegnen Sie? Ist Ihnen soziale Gerechtigkeit nicht wichtig? RÖSLER: Die Diskussion um das Thema soziale Gerechtigkeit nehme ich gerne auf. Überall wo in den Ländern Rot-Grün oder Grün-Rot regiert, steigt die Verschuldung weiter an. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit - und zwar gegenüber den nachfolgenden Generationen. Das Sozialste ist nach wie vor ein Arbeitsplatz, und in den vergangenen vier Jahren sind in Deutschland unter der Koalition aus CDU/CSU und FDP 1,6 Millionen zusätzliche Jobs entstanden. Arbeitsplätze schaffen ist mit das Sozialste, was ich mir vorstellen kann. Frage: Steinbrück sagt: Das Sozialste ist ein Arbeitsplatz, von dem man leben kann. Warum sind Sie so vehement gegen den Mindestlohn? RÖSLER: Wir sind gegen einen flächendeckenden, einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, weil sich nicht alle Löhne bundesweit miteinander vergleichen lassen. Lebenshaltungskosten und Lohnniveau sind regional verschieden. Die Situation in Konstanz ist eine andere als die in Brandenburg. Zudem gibt es in Deutschland die Tarifautonomie. Die sichert uns seit mehr als 60 Jahren Wohlstand und Beschäftigung. Deshalb sagen wir: Die Tarifpartner sollen die Tariflöhne aushandeln. Frage: Und wenn es gar keine Tarifpartner gibt? RÖSLER: Wir wissen, dass es in Deutschland in manchen Regionen keine Tarifpartner gibt. Als liberale Partei lassen wir die Menschen dort nicht im Stich. Wo es keine Tarifpartner gibt muss es eine Ersatzlösung geben, eine unabhängige Kommission zum Beispiel, die im Sinne der Tarifpartnerschaft Löhne aushandelt. Frage: Sie kamen als Kind aus Vietnam nach Deutschland. Ist Ihnen in Ihrem Amt schon einmal so etwas wie Rassismus begegnet? RÖSLER: Nie. Ein Ortsverbandsvorsitzender der SPD hat es einmal versucht, aber ansonsten war das nie ein Thema. Deutschland ist das weltoffenste, toleranteste Land der Welt. Frage: Hat Ihre persönliche Lebensgeschichte Sie in manchen politischen Haltungen beeinflusst? Zum Beispiel in der Asylfrage? RÖSLER: Sie wissen, ich bin überzeugter Christ. Ich komme aus einem katholischen Waisenhaus, katholische Nonnen haben sich um mich als Baby gekümmert. So etwas prägt natürlich und da hat das Thema Flüchtlinge immer eine besondere Bedeutung - aber auch Chancen. Sie dürfen nicht vergessen: Mit meiner Biografie durfte ich in Deutschland in vergleichsweise jungen Jahren höchste Staatsämter übernehmen. Es ist kein Zufall, dass das in der FDP gelungen ist, in einer toleranten Partei. Aber es ist eben auch kein Zufall, dass so etwas in Deutschland möglich ist. Deutschland ist eben nicht nur das coolste Land, sondern auch eines der chancenreichsten Länder der Welt.

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