FDPAsyl und Einwanderung

Parallelgesellschaften durch Integration entgegenwirken

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki erläutert Maßnahmen zur Integration der Flüchtlinge in Deutschland
12.10.2015

Durch die hohen Flüchtlingszahlen entstehen große Herausforderungen im Bereich Integration. Im Gastbeitrag für "Focus Online" spricht sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki für eine unbürokratische Vermittlung in Arbeit und einen wehrhaften Rechtsstaat aus. "Wenn die Integration über Arbeit nicht gelingt, wenn Flüchtlinge also ohne berufliche Perspektive in Deutschland verharren müssen, wenn es leichter ist, unter seinesgleichen zu bleiben, dann müssen wir mit der Bildung von weiteren Parallelgesellschaften rechnen. Das können wir nicht wollen", mahnt er.

Deshalb gelte es, schnellstens Möglichkeiten zur Integration in den Arbeitsmarkt zu schaffen und viele bürokratische Beschränkungen, unter anderem den Mindestlohn, gegebenenfalls aufzuheben. Außerdem müssten bei abgelehnten Asylbewerbern viel schneller und konsequenter als derzeit Rückführungen stattfinden.

Liberale Werte durchsetzen

Für Kubicki ist klar: Bei aller Hilfsbereitschaft blieben das deutsche Rechtssystem und der Wertekanon, den das Grundgesetz umrahme, außerhalb der Diskussion. Weder die Unterdrückung von Frauen, noch Homophobie und Antisemitismus dürften toleriert werden. "Wir müssen deshalb auch die Strafverfolgungsbehörden personell in die Lage versetzen, Übertretungen unserer Regeln wirksam zu verfolgen und zu sanktionieren", fordert der Freidemokrat. Er hebt hervor: "Wir haben aus der Vergangenheit gelernt, dass eine entgrenzte Multikulti-Weltsicht – die Rücksicht gegenüber anderen mit Selbstaufgabe verwechselt – nur scheitern kann. Auch das können wir nicht wollen."

Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.

Im Nachhinein beschleicht viele Beobachter die Vermutung, Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte keinen blassen Schimmer davon, was der wohl eher beiläufig formulierte Mutmach-Satz „Wir schaffen das“ für Auswirkungen haben würde. Jetzt steckt sie allerdings in dem Dilemma, hinter diese selbstgezogene Linie nicht mehr ohne erheblichen Gesichtsverlust zurückgehen zu können.

Wahrlich „alternativlos“ ist es nun für die Regierungschefin, die Botschaft weiter mit demselben Enthusiasmus zu vertreten, der ihrem Satz im Nachhinein zugeschrieben wurde. Das erklärt die große Kommunikationswelle, die sie jetzt erkennbar zu entfachen versucht, um mit kühl und rational kalkulierten Mitteln einen kurzen emotionalen Ausbruch zu verteidigen.

Das Bestreben, den eigenen politischen Flurschaden durch vehemente Wiederholung des „Wir schaffen das“ zu begrenzen, fordert jedoch seinen Tribut. Denn je fester die Merkelsche Verteidigungslinie gezogen wird, umso weniger dürften Warnungen und Hilferufe durchdringen, die gesellschaftliche Integrationsfähigkeit der Bundesrepublik gerate durch die vollkommen unberechenbaren Flüchtlingszuströme an ihre Grenzen.

Vielmehr werden sich diejenigen Menschen von der Bundeskanzlerin kaum ernstgenommen beziehungsweise repräsentiert fühlen, die eine durchaus begründete Furcht vor einer gesellschaftlichen Überforderung äußern.

Denn: Wer weiß zum heutigen Zeitpunkt, wie viele Flüchtlinge in den kommenden fünf oder zehn Jahren zu uns kommen, wenn die Bundesregierung uns noch nicht einmal ansatzweise zuverlässig sagen kann, wie viele in diesem Jahr erwartet werden? Das Credo „Wir schaffen das“ klingt vor diesem Hintergrund reichlich naiv.

Wir können keine Parallelgesellschaften wollen

Tatsache ist, Deutschland wird sich durch die Flüchtlinge verändern. Wie dies dann „am Ende“ aussieht und ob wir es schaffen, eine halbwegs geordnete Integration hinzubekommen und gleichzeitig unser Wertesystem sowie die Grundlagen unserer Freiheit zu behalten, hängt zuallererst von gegenwärtigen politischen Entscheidungen ab – aber auch von der Höhe des Zuzugs.

Sicher, wir müssen abgelehnte Asylbewerber viel schneller und konsequenter als derzeit abschieben. Aber viel wichtiger wird sein: Wir müssen schnellstens Möglichkeiten zur Integration der Flüchtlinge durch Arbeit schaffen und so viele bürokratische Beschränkungen – damit meine ich ausdrücklich auch den Mindestlohn – auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls aufheben.

Ich sage voraus: Wenn die Integration über Arbeit nicht gelingt, wenn Flüchtlinge also ohne berufliche Perspektive in Deutschland verharren müssen, wenn es leichter ist, unter seinesgleichen zu bleiben, dann müssen wir mit der Bildung von weiteren Parallelgesellschaften rechnen. Das können wir nicht wollen.

Freiheitliche Werte verteidigen

Deutschland muss fördern – aber auch fordern. Unser Rechtssystem und der Wertekanon, den das Grundgesetz umrahmt, bleiben außerhalb der Diskussion. Weder die Unterdrückung von Frauen, noch Homophobie und Antisemitismus werden wir tolerieren. Wir müssen deshalb auch die Strafverfolgungsbehörden personell in die Lage versetzen, Übertretungen unserer Regeln (Gesetze) wirksam zu verfolgen und zu sanktionieren. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt, dass eine entgrenzte Multikulti-Weltsicht – die Rücksicht gegenüber anderen mit Selbstaufgabe verwechselt – nur scheitern kann. Auch das können wir nicht wollen.

Wenn wir jetzt hören, dass die Grünen-Politikerin Renate Künast einer Polizeibeamtin geraten hat, die Schuhe auszuziehen, wenn sie zu einem Einsatz bei Muslimen gerufen werde, dann hat sie den Knall nicht gehört. Denn das ist das Gegenteil von Integration; es ist die Kapitulation vor einer Parallelgesellschaft.

Sie sei daran erinnert, dass das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr festgestellt hat, dass es ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gibt, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.

Die Bundesrepublik steht vor einer der größten Aufgaben ihrer Geschichte. Emotional vermeintlich wärmende Durchhalteparolen à la „Wir schaffen das“ ersetzen keine Politik. Wir müssen jetzt zeigen, dass wir nicht von einer Flüchtlings- in eine politische Krise schlittern wollen und bereit sind, um den Fortschritt und für die freiheitliche Gesellschaft zu ringen.

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