NIEBEL-Interview für "Rotary International"
Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab "Rotary International" (Juli-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte YVONNE NADLER:
Frage: Warum ist es so wichtig, dass sich Regierungen für den Kampf gegen Krankheiten wie Polio einsetzen?
NIEBEL: Polio ist eine Geißel der Menschheit. Wir haben heute eine einmalige Chance, diese verheerende Krankheit auszurotten. Für mich bedeutet das eine Verpflichtung gegenüber den künftigen Generationen. Der Kampf gegen Polio kann heute entschieden werden.
Frage: Deutschland zählt zu den wichtigsten Gebern im Kampf gegen die Kinderlähmung. Auch im G8-Kontext hat sich die Bundesregierung immer wieder für die Fortsetzung des Kampfes eingesetzt. Welchen Beitrag können Sie leisten, um noch mehr Länder einzubeziehen?
NIEBEL: Seit Beginn meiner Amtszeit 2009 haben wir unseren Mitteleinsatz im Kampf gegen Polio deutlich gesteigert auf jetzt jährlich 20 Millionen Euro. Außerdem setzen wir uns seit Jahren dafür ein, dass der Kampf gegen Polio auf der internationalen Agenda steht. So engagieren wir uns zum Beispiel bei der globalen Impfallianz GAVI, einem großen Finanzierungsinstrument für weltweite Impfkampagnen, für eine enge Kooperation mit der globalen Polioinitiative. Mittlerweile hat sich weltweit die Überzeugung durchgesetzt, dass der Kampf gegen Polio gewonnen werden kann und dass wir ihn jetzt gewinnen müssen. Diese Überzeugung wollen wir in Taten verwandeln.
Frage: Thema Ländersolidarität: Wie wichtig ist es, dass Deutschland als reiches Geberland auch Beiträge derjenigen Länder übernimmt, die zwar zahlen müssten, aber es sich nicht leisten können?
NIEBEL: Bei der Polioausrottung handelt es sich um ein klassisches globales öffentliches Gut. Wenn sie uns gelingt, profitiert die Weltgemeinschaft als Ganzes. Aktuell ist Polio nur noch in ganz wenigen Ländern verbreitet, zum Beispiel in Afghanistan, Pakistan oder Nigeria. Der Kampf gegen die Polio in Nigeria wird von uns zum Beispiel mit erheblichem Mitteleinsatz unterstützt. Natürlich bin ich aber auch daran interessiert, dass unsere Partnerländer verstärkt eigene Ressourcen bereitstellen. Die schrittweise Übernahme von Verantwortung und von Finanzierung durch unsere Partner ist ein ganz wichtiges Thema unseres Politikdialogs. Trotzdem müssen wir uns vor Augen führen, dass es uns gelingen muss, Polio dort zu beseitigen. Andernfalls könnte der Virus wieder auf andere Länder überspringen. Dieser Herausforderung stellen wir uns. Wir haben eine Verantwortung, Polio zu besiegen, damit künftige Generationen die Krankheit nur noch aus alten Lehrbüchern kennen.
Frage: Hat die Initiative gegen Polio auch Modellcharakter für den Kampf gegen andere Krankheiten wie zum Beispiel Aids, Malaria oder Tuberkulose - nicht nur finanziell, sondern auch logistisch, was Systeme zur Kontrolle, der Fälle von Neuinfektionen anbelangt?
NIEBEL: Absolut! Wenn es gelingt, eine Krankheit zu beseitigen hat das natürlich Signalwirkung. Die Erfahrungen aus den Impfkampagnen sind auch für den Kampf gegen andere Krankheiten sehr wertvoll.
Frage: Es gibt immer wieder Experten, die verlauten lassen, dass es nicht gelingen kann, Polio gänzlich auszurotten. Meinen Sie, dass der Kampf gegen Kinderlähmung zu schaffen ist auch in dem Rahmen der jetzt gesetzt ist, nämlich bis 2018?
NIEBEL: Wir alle wissen, dass die Ausrottung von Polio keine leichte Aufgabe ist. Rotary setzt sich bereits seit Jahrzehnten sehr erfolgreich für diese Aufgabe ein. Die bisher erzielten Erfolge sind überwältigend. Gerade deshalb müssen wir jetzt auch noch den allerletzten Schritt gehen. Ich bin überzeugt, dass die Ausrottung von Polio gelingt, wenn alle mitziehen: die Staaten, die Zivilgesellschaft und auch die Wirtschaft.