26.08.2013

NIEBEL-Interview für "BILD.de"

Frage: BILD fragte Niebel nach dem angeblichen Giftgasangriff: Muss der Westen jetzt in Syrien eingreifen?

NIEBEL: Erst muss der Angriff aufgeklärt werden. Wenn uns Syriens Präsident Assad das nicht erlaubt, spricht einiges dafür, dass er etwas zu verbergen hat. Wenn sich Russland und China dann nicht von ihm distanzieren, machen sie sich zum Handlanger eines Mörders.

Frage: Und dann? Hilft dann nur noch ein Militäreinsatz gegen Assad?

NIEBEL: Wir werden sehen, wie die Weltgemeinschaft dann reagiert. Aber klar ist: Die Bundeswehr wird sich in dieser Region nicht an Kampfhandlungen beteiligen.

Frage: Wie groß ist das Leid der syrischen Bevölkerung?

NIEBEL: Syrien erlebt eine humanitäre Katastrophe. Es gibt mehr als 100.000 Tote. Zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Denen müssen wir helfen - auch hier in Deutschland.

Frage: In Berlin-Hellersdorf sieht man das anders. Dort wurden Flüchtlinge mit Hitlergruß empfangen ...

NIEBEL: Wie in Hellersdorf mit Flüchtlingen umgegangen wurde, ist eine Schande für unser Land. Das schadet dem Ruf von Deutschland in der Welt. Was wir mit der Fußball-WM 2006 an Renommee gewonnen haben, dürfen ein paar Nazis nicht zerstören.

Frage: Was ist falsch gelaufen in Hellersdorf?

NIEBEL: Die Vorbereitung. Die Bürger vor Ort wurden viel zu spät informiert. Wir müssen offen sein für Flüchtlinge. Aber wir müssen die Menschen auch darauf einstellen.

Frage: Worauf genau? Wie viele Flüchtlinge kommen auf Deutschland zu?

NIEBEL: Sehr viel weniger als viele meinen. Und vor allem weniger als viele andere europäische Länder aufnehmen. Außerdem haben wir die Chance, diese Zahlen zu beeinflussen. Nehmen sie Afrika: Dort gibt es viele Länder mit einer aufstrebenden Mittelschicht. Wir können jetzt noch mit entscheiden, ob das künftig Wirtschaftspartner oder Flüchtlinge werden. Unsere Entwicklungszusammenarbeit gibt diesen Menschen Perspektiven.

Frage: Wollen Sie nach der Bundestagswahl Entwicklungsminister bleiben?

NIEBEL: Ja, ich will Entwicklungsminister bleiben. Dieses Amt macht mir viel Freude. Ich habe große Gestaltungsmöglichkeiten, den zweitgrößten Investitionsetat, hier laufen viele Fragen der internationalen Zukunft zusammen. Ich bin noch nicht fertig mit meiner Arbeit.

Frage: Reichen fünf Prozent für die FDP, damit Sie im Kabinett bleiben?

NIEBEL: Die FDP wird weit über fünf Prozent der Stimmen bekommen. Dazu will ich mit einem Ergebnis in meinem Landesverband Baden-Württemberg beitragen, das keiner ignorieren kann.

Frage: Sie machen die Rechnung ohne die Parteispitze, die Sie nach den wochenlangen Attacken auf Parteichef Rösler nicht mehr in Kabinett haben will.

NIEBEL: Wir wollen in Baden-Württemberg das prozentual beste FDP-Ergebnis aller Länder einfahren. Dann wird man an der baden-württembergischen Landesgruppe nicht so einfach vorbeikommen.

Frage: Bislang zünden die FDP-Themen im Wahlkampf nicht. Was läuft falsch?

NIEBEL: Der Wahlkampf geht ja jetzt erst in seine heiße Phase. Wir werden den Menschen erklären, dass nur mit uns eine linke Steuerorgie verhindert werden kann. Und wir werden ihnen erklären, dass nur mit uns diese Regierung sparsam wirtschaftet. Eine 30 Milliarden Euro Wunschliste, wie sie die Union vorgelegt hat - so etwas bekomme ich normalerweise nur von afghanischen Gouverneuren vorgelegt.

Frage: Statt Steuersenkung also nur die Verhinderung von Steuererhöhungen?

NIEBEL: Nein, wir wollen Entlastung und werden den Soli schrittweise abbauen. Und wir werden die Mehrwertsteuer überarbeiten. Das war zwar schon für die laufende Wahlperiode vereinbart. Aber dem Finanzminister fehlte dazu offenbar Wille oder Mut. Da hätten wir mehr erreichen können.

Frage: Nach ihrer Auseinandersetzung mit dem Parteivorsitzenden: Können Sie glaubhaft für Philipp Rösler Wahlkampf machen?

NIEBEL: Wir kämpfen nicht für Personen. Wir kämpfen für Ideen und die Zukunft Deutschlands.

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