13.05.2014FDPEnergie

LAMBSDORFF-Gastbeitrag für die „Wirtschaftswoche“

Berlin. Der Spitzenkandidat zur Europawahl und Vorsitzende der FDP  im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF schrieb für die „Wirtschaftswoche“ (aktuelle Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Europäischer Wettbewerb statt Anarchie in der Energiepolitik

Schaut die Welt auf Deutschlands Energiepolitik, dann reibt sie sich die Augen: Da kämpfen Windenergie-Länder gegen Biomasse-Länder; beide gemeinsam gegen industriell geprägte Länder und den Bund; der Bund wiederum gegen die Europäische Kommission, die Deutschland den Spiegel seiner Subventionswirtschaft vorhält. Kurz gesagt: Am Futtertrog des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird es eng. Verbraucher und Industrie wollen ihn nicht länger beliebig füllen. Kaum einer versteht mehr, warum der Staat Industrie und Verbraucher mit 21 Milliarden Euro für die Produktion regenerativer Energie belastet, die einen Marktwert von etwa einem Zehntel dieser Summe besitzt. Da werden die Sitten rauer.

„Gruppen-anarchische Kämpfe“ hat das Walther Eucken, der geistige Vater der Sozialen Marktwirtschaft, genannt. Sie entstehen immer dann, wenn Branchen planwirtschaftlich gelenkt werden. Dann nämlich denkt niemand mehr darüber nach, wie er durch gute Produkte zu günstigen Preisen am Markt erfolgreich ist. Alle gedankliche Energie wird stattdessen für die Frage aufgewendet, wie man den Gesetzgeber dazu bringt, den Fluss der Subventionen in die eigene Tasche zu lenken.

Die Ergebnisse dieser Verteilungskämpfe sind grotesk: EEG-Strom wird ohne Rücksicht darauf produziert, ob er überhaupt nachgefragt wird und abtransportiert werden kann. Notfalls wird er zu Negativpreisen ins Ausland verramscht und überlastet die Netze unserer Nachbarn. Fehlen die Verteilnetze, etwa bei Windparks in Küstennähe, werden diese regelmäßig zwangsabgeschaltet. Es fließt zwar kein Strom, aber das Geld der Verbraucher. Die aktuell diskutierte EEG-Reform beseitigt diese Missstände nicht. Im Gegenteil: Windräder an windarmen Standorten sollen jetzt sogar einen Bonus erhalten.

Die nukleare Bilanz ist ebenfalls zweifelhaft: Deutschland kann seinen Atomausstieg derzeit nur fortsetzen, weil wir die Stabilität der Stromversorgung mit französischem Atomstrom absichern. Das verlässliche Atomkraftwerk Grafenrheinfeld wird abgeschaltet, während im Erdbebengebiet westlich des Rheins das älteste Kernkraftwerk Frankreichs, Fessenheim, bereitstehen muss, um einen deutschen Blackout abzuwenden.

Die wohlfahrtsökonomischen Ergebnisse sind bizarr: Investoren profitieren von der garantierten Förderung eigener EEG-Anlagen, während alle Haushalte, auch einkommensschwache, mit der EEG-Umlage belastet werden. Das EEG vernichtet volkswirtschaftliche Werte, es gefährdet die industrielle Basis unseres Landes und damit Arbeitsplätze.

Deutschland muss dringend aufwachen: Das Ziel einer nachhaltigen, sicheren und günstigen Energieversorgung ist nur im Einklang mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ökonomischer Vernunft zu erreichen. Daher benötigen wir sofort den Stopp der finanziellen Förderung neuer EEG-Anlagen und so schnell wie möglich den Ausstieg aus dem EEG.

Statt einer heiß laufenden Subventionsmaschine brauchen wir den frischen Wind des Wettbewerbs: ein europaweites Mengensystem statt 28 nationaler Fördersysteme. Die Energieversorger wären verpflichtet, einen bestimmten Anteil erneuerbarer Energien zu verkaufen, aber ohne planwirtschaftliche Detailvorgaben und Vergütungsgarantien. So gäbe es echten, europaweiten Wettbewerb, in dem sich besonders günstige oder verlässliche Anbieter durchsetzen.

In einem europäischen Markt könnte der Verbraucher auch sehen, dass Strom in Finnland nur etwa die Hälfte kostet und selbst entscheiden, wie viel ihm Strom welcher Erzeugungsart wert ist. Die deutsche Politik könnte sich nicht länger durch protektionistische Abschirmung dem Wettbewerb entziehen. Unser Land kann seinen Wohlstand mehren, wenn der Ökostrom dort produziert wird, wo das am besten funktioniert: Solarstrom aus Südeuropa, Wasserkraft aus Skandinavien und Windenergie von der deutschen Küste würde den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger schonen und über bezahlbare Strompreise die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen sichern.

Europäischen Wettbewerb bei der Energie statt planwirtschaftlicher Gruppenanarchie – das braucht die deutsche Energiepolitik!

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