FDPNachrufHelmut Schmidt wird fehlen
Helmut Schmidt. Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F062763-0002 / Hoffmann, Harald / CC-BY-SA 3.011.11.2015Ein leidenschaftlicher Vertreter des Rechtsstaates, ein Pragmatiker, ein Mann mit Weitsicht und Vernunft – das alles war Helmut Schmidt. Im Nachruf für den "Focus" würdigt FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Verdienste des ehemaligen Bundeskanzlers und macht deutlich, dass das SPD-Urgestein fehlen wird. "Es war ein großes Glück für die Bundesrepublik, dass in der Zeit zwischen 1974 und 1982 – mit ihren Wirtschaftskrisen, außenpolitischen Unwägbarkeiten und mit der terroristischen Bedrohung – der Pragmatiker Helmut Schmidt im Bundeskanzleramt saß", betont Kubicki.
Ein Zauderer oder gar ein Kanzlerdarsteller hätte das Land nicht durch die schweren Untiefen führen können, so Kubicki. Schmidt habe mit seinem großen ökonomischen Fachverstand, seiner langen politischen Erfahrung und mit der ihm eigenen Standfestigkeit die Bundesrepublik wirtschaftlich und außenpolitisch stärker gemacht. "Und es wäre sicherlich nicht falsch, zu behaupten, dass ein Kanzler Schmidt mit der derzeitigen Flüchtlingskrise grundsätzlich anders, pragmatischer und sehr viel unideologischer umgegangen wäre, als wir es derzeit bisweilen erleben müssen", gibt der FDP-Vize zu bedenken und verweist auf die vielen Krisen, die Schmidt seinerzeit bewältigen musste.
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Mit Krisen und deren Bewältigung kannte er sich aus. Ob als Innensenator der Hansestadt Hamburg, als er in der schrecklichen Flutkatastrophe des Jahres 1962 ohne rechtliche Grundlage Nato-Hubschrauber zur Rettung seiner Stadt orderte. Oder auch als er in der Zeit des Heißen Herbstes des Jahres 1977 nach Ponto-Mord und Schleyer-Entführung in der Mogadischu-Krise keinen Zweifel daran ließ, dass die Bundesrepublik und deren führende Repräsentanten dem Terrorismus und dessen Erpressungsversuchen keinen Fußbreit weichen werden.
Er war ein leidenschaftlicher Vertreter des Rechtsstaates. Auch wenn er im Katastrophenfall bei der Hamburger Sturmflut Recht brechen musste, hat er sich später dafür eingesetzt, dass die rechtliche Grundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Innern geschaffen wurde.
Bis an die Grenzen des Rechtsstaates
Und in der Hochphase des deutschen Terrorismus machte er deutlich, dass die Bundesregierung und ihr Bundeskanzler bis an die Grenzen des Rechtsstaates zu gehen bereit war, um denselben zu schützen. Dass er sich persönlich hierbei keinesfalls schonte, sondern buchstäblich bis zum Umfallen arbeitete, macht deutlich, wie ernst er seine Aufgabe nahm.
Im Nachhinein mag es pathetisch klingen, aber es war ein großes Glück für die Bundesrepublik Deutschland, dass in der Zeit zwischen 1974 und 1982 – mit ihren Wirtschaftskrisen, außenpolitischen Unwägbarkeiten und mit der terroristischen Bedrohung – der Pragmatiker Helmut Schmidt im Bundeskanzleramt saß.
Auch die Flüchtlingskrise wäre er wohl pragmatischer angegangen
Ein Zauderer oder gar ein Kanzlerdarsteller hätte das Land nicht durch die schweren Untiefen führen können. Schmidt hat mit seinem großen ökonomischen Fachverstand, seiner langen politischen Erfahrung und mit der ihm eigenen Standfestigkeit die Bundesrepublik wirtschaftlich und außenpolitisch stärker gemacht. Und es wäre sicherlich nicht falsch, zu behaupten, dass ein Kanzler Schmidt mit der derzeitigen Flüchtlingskrise grundsätzlich anders, pragmatischer und sehr viel unideologischer umgegangen wäre, als wir es derzeit bisweilen erleben müssen.
Er war ein Mann von Weitsicht. Nicht zuletzt sein Eintreten für den Nato-Doppelbeschluss war weitblickend. Gegen größte Proteste seiner eigenen Partei sah er die Notwendigkeit, dem Warschauer Pakt eine Politik der militärischen Stärke entgegenzusetzen. Die Geschichte hat ihm im Nachhinein Recht gegeben: Ohne den Doppelbeschluss wäre der Ostblock mit Sicherheit nicht so schnell zusammengebrochen.
Enttäuschte Erwartungen
Am Ende musste er vor allem wegen enttäuschter Erwartungen gehen. Seine Sozialdemokratische Partei hat ihm in weiten Teilen nicht verziehen, dass er die Euphorie und Utopie, die sich in dem Kanzlerwechsel 1969 zu Brandt innerhalb der Partei herausbildete, in seiner Kanzlerschaft nicht zu bedienen verstand. So war es der lang gehegte, unerfüllte Wunsch vieler Sozialdemokraten nach Transzendenz, der den innerparteilichen Bruch zum Kanzler immer größer werden ließ. Die Freien Demokraten sahen sich schließlich im Jahr 1982 zur „Wende“ gezwungen, wollte sie einen vernunftorientierten Kurs in der Wirtschafts- und Außenpolitik fortführen.
Helmut Schmidt wird fehlen. Natürlich auch der Sozialdemokratie. Eine SPD mit der wirtschaftlichen Vernunft und Kompetenz eines Helmut Schmidt wäre mit Sicherheit im besten Sinne eine Volkspartei.
Helmut Schmidt wird fehlen
Helmut Schmidt. Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F062763-0002 / Hoffmann, Harald / CC-BY-SA 3.0Ein leidenschaftlicher Vertreter des Rechtsstaates, ein Pragmatiker, ein Mann mit Weitsicht und Vernunft – das alles war Helmut Schmidt. Im Nachruf für den "Focus" würdigt FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Verdienste des ehemaligen Bundeskanzlers und macht deutlich, dass das SPD-Urgestein fehlen wird. "Es war ein großes Glück für die Bundesrepublik, dass in der Zeit zwischen 1974 und 1982 – mit ihren Wirtschaftskrisen, außenpolitischen Unwägbarkeiten und mit der terroristischen Bedrohung – der Pragmatiker Helmut Schmidt im Bundeskanzleramt saß", betont Kubicki.
Ein Zauderer oder gar ein Kanzlerdarsteller hätte das Land nicht durch die schweren Untiefen führen können, so Kubicki. Schmidt habe mit seinem großen ökonomischen Fachverstand, seiner langen politischen Erfahrung und mit der ihm eigenen Standfestigkeit die Bundesrepublik wirtschaftlich und außenpolitisch stärker gemacht. "Und es wäre sicherlich nicht falsch, zu behaupten, dass ein Kanzler Schmidt mit der derzeitigen Flüchtlingskrise grundsätzlich anders, pragmatischer und sehr viel unideologischer umgegangen wäre, als wir es derzeit bisweilen erleben müssen", gibt der FDP-Vize zu bedenken und verweist auf die vielen Krisen, die Schmidt seinerzeit bewältigen musste.
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Mit Krisen und deren Bewältigung kannte er sich aus. Ob als Innensenator der Hansestadt Hamburg, als er in der schrecklichen Flutkatastrophe des Jahres 1962 ohne rechtliche Grundlage Nato-Hubschrauber zur Rettung seiner Stadt orderte. Oder auch als er in der Zeit des Heißen Herbstes des Jahres 1977 nach Ponto-Mord und Schleyer-Entführung in der Mogadischu-Krise keinen Zweifel daran ließ, dass die Bundesrepublik und deren führende Repräsentanten dem Terrorismus und dessen Erpressungsversuchen keinen Fußbreit weichen werden.
Er war ein leidenschaftlicher Vertreter des Rechtsstaates. Auch wenn er im Katastrophenfall bei der Hamburger Sturmflut Recht brechen musste, hat er sich später dafür eingesetzt, dass die rechtliche Grundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Innern geschaffen wurde.
Bis an die Grenzen des Rechtsstaates
Und in der Hochphase des deutschen Terrorismus machte er deutlich, dass die Bundesregierung und ihr Bundeskanzler bis an die Grenzen des Rechtsstaates zu gehen bereit war, um denselben zu schützen. Dass er sich persönlich hierbei keinesfalls schonte, sondern buchstäblich bis zum Umfallen arbeitete, macht deutlich, wie ernst er seine Aufgabe nahm.
Im Nachhinein mag es pathetisch klingen, aber es war ein großes Glück für die Bundesrepublik Deutschland, dass in der Zeit zwischen 1974 und 1982 – mit ihren Wirtschaftskrisen, außenpolitischen Unwägbarkeiten und mit der terroristischen Bedrohung – der Pragmatiker Helmut Schmidt im Bundeskanzleramt saß.
Auch die Flüchtlingskrise wäre er wohl pragmatischer angegangen
Ein Zauderer oder gar ein Kanzlerdarsteller hätte das Land nicht durch die schweren Untiefen führen können. Schmidt hat mit seinem großen ökonomischen Fachverstand, seiner langen politischen Erfahrung und mit der ihm eigenen Standfestigkeit die Bundesrepublik wirtschaftlich und außenpolitisch stärker gemacht. Und es wäre sicherlich nicht falsch, zu behaupten, dass ein Kanzler Schmidt mit der derzeitigen Flüchtlingskrise grundsätzlich anders, pragmatischer und sehr viel unideologischer umgegangen wäre, als wir es derzeit bisweilen erleben müssen.
Er war ein Mann von Weitsicht. Nicht zuletzt sein Eintreten für den Nato-Doppelbeschluss war weitblickend. Gegen größte Proteste seiner eigenen Partei sah er die Notwendigkeit, dem Warschauer Pakt eine Politik der militärischen Stärke entgegenzusetzen. Die Geschichte hat ihm im Nachhinein Recht gegeben: Ohne den Doppelbeschluss wäre der Ostblock mit Sicherheit nicht so schnell zusammengebrochen.
Enttäuschte Erwartungen
Am Ende musste er vor allem wegen enttäuschter Erwartungen gehen. Seine Sozialdemokratische Partei hat ihm in weiten Teilen nicht verziehen, dass er die Euphorie und Utopie, die sich in dem Kanzlerwechsel 1969 zu Brandt innerhalb der Partei herausbildete, in seiner Kanzlerschaft nicht zu bedienen verstand. So war es der lang gehegte, unerfüllte Wunsch vieler Sozialdemokraten nach Transzendenz, der den innerparteilichen Bruch zum Kanzler immer größer werden ließ. Die Freien Demokraten sahen sich schließlich im Jahr 1982 zur „Wende“ gezwungen, wollte sie einen vernunftorientierten Kurs in der Wirtschafts- und Außenpolitik fortführen.
Helmut Schmidt wird fehlen. Natürlich auch der Sozialdemokratie. Eine SPD mit der wirtschaftlichen Vernunft und Kompetenz eines Helmut Schmidt wäre mit Sicherheit im besten Sinne eine Volkspartei.