FDPUkraine-Krise

Friedensabkommen ist wahrscheinlich gescheitert

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff
18.02.2015

Das Abkommen „Minsk II“, das in der Ostukraine für Ruhe sorgen sollte, kann die Waffen nicht zum Schweigen bringen. Alexander Graf Lambsdorff befürchtet, dass „Minsk II“ gescheitert ist. Die umkämpfte Stadt Debalzewe sei von Russland nicht als Teil der Waffenruhe betrachtet worden, kritisierte Lambsdorff. Im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ zeigte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Verständnis für Erwägungen, die ukrainische Armee zu unterstützen. Er sprach darüber hinaus über mögliche Sanktionen gegen Russland.

Die schärfste mögliche Strafmaßnahme sei der Ausschluss Russlands aus dem Swift-Abkommen und damit vom internationalen Zahlungsverkehr. Dies sei aber sehr unwahrscheinlich. „Ein Schritt darunter wäre ein Öl-Embargo, weil die Einnahmen aus Öl-Exporten ungefähr 45 Prozent des russischen Staatshaushaltes sind.“

Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit dem „Deutschlandfunk“

Schulz: Sagt der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, hier bei uns im Deutschlandfunk. - Wir wollen und müssen auch noch auf die Entwicklung in der Ukraine schauen. Auch an Sie die Frage: Ist Minsk II gescheitert?

Es sieht sehr danach aus. Wenn tatsächlich die kriegerischen Auseinandersetzungen in Debalzewo so verlaufen, wie wir das hören und auch sehen, dann ist das Abkommen von Minsk wahrscheinlich nicht mehr das Papier wert, auf dem es steht. Es ist dann ein ganz sichtbarer klarer Bruch einer Waffenruhe. Die Russen hatten von vornherein erklärt, dass sie diese Stadt nicht als Teil dieser Waffenruhe betrachten, aber das geht ja nicht, sondern die Waffenruhe sollte für das gesamte Gebiet gelten. Das was dort zurzeit passiert ist in der Tat eine Mischung aus russischer Aggression und dem selbstständigen Handeln von separatistischen Verbänden. Ich kann verstehen, wenn die Ukrainer, aber leider jetzt auch die Amerikaner zunehmend angespannt werden und neue Maßnahmen erwägen.

Schulz: Die Ukrainer wollen das Kämpfen ja auch nicht einstellen. - Was hat Europa denn jetzt noch im Köcher?

Nun, ich glaube, man wird sich zusammensetzen müssen und fragen, ob es tatsächlich den politischen Willen gibt in Moskau und bei den Separatisten, hier zu einer Befriedung der Situation zu kommen, zu einem Ende der kriegerischen Handlungen. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Frage, ob es möglich ist, neue Sanktionen einzuführen. Es wird dann davon geredet, ob man Russland vom internationalen Zahlungsverkehr abkoppelt. Das wäre das SWIFT-Abkommen, die Aufkündigung der russischen Teilnahme am SWIFT-Abkommen, so wie man das mit dem Iran gemacht hat. Das gilt allerdings allseits als eine so scharfe Sanktion, dass man davor zurückschreckt. Ein Schritt darunter wäre ein Öl-Embargo, weil die Einnahmen auf Ölexporte ungefähr 45 Prozent des russischen Staatshaushaltes sind. Auch das ist eine Diskussion, die jetzt beginnen wird. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Waffenlieferungen keine gute Idee sind, aber wenn ich höre, dass der Vizepräsident Joe Biden der USA, der in München noch deutlich gesagt hatte, dass er hier die Option sich zwar offenhält, aber Waffenlieferungen nicht unmittelbar in Aussicht nimmt, jetzt in einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko deutlich davon redet, Russland werde einen höheren Preis bezahlen müssen, dann fürchte ich fast, dass die Amerikaner unter Umständen zu diesem Schritt greifen werden.

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