FDPDatenschutz

Freiheit vor Freihandel

Christian Lindner
06.05.2014

Mit Hinblick auf den NSA-Skandal fordert FDP-Vize Christian Lindner, die nächste Bundesregierung müsse ihren Willen beweisen, die Bürgerrechte zu verteidigen. Im Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" machte der Liberale klar, dass die Themen Datenschutz, Freiheit und Schutz vor Ausspähung ganz oben auf die politische Tagesordnung gehörten. "Privatsphäre ist ein Menschenrecht", unterstrich er.

Dabei sei es unerheblich, ob es sich bei der Ausspähung um das Handy der Bundeskanzlerin oder um die private Kommunikation der Bürger handele. Das Grundgesetz und die UN-Menschenrechtscharta garantierten die Privatsphäre. Lindner sieht dieses Recht allerdings durch die rasante technische Entwicklung und das damit verbundene Phänomen "Big Data" sowie die Gleichgültigkeit einiger politischer Akteure gefährdet.

Schwarz-Rot muss Achtung der Bürgerrechte beweisen

Lindner kritisierte die Forderung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach einem "Supergrundrecht" auf Sicherheit. Dies sei ein Denken, das von einem den Grundfreiheiten verpflichteten Rechtsstaat hin zu einem Polizeistaat wegführe, warnte der Liberale. "Für unsere Freiheit ist diese Bedrohung genauso gefährlich wie der Terrorismus, zu dessen Bekämpfung die Überwachungsinfrastruktur aufgebaut wurde", stellte er klar. Die Sicherheitspolitiker müssten schließlich lernen, dass kein Zweck jedes Mittel heilige.

Der FDP-Vize bemängelte ausdrücklich, dass SPD und Union den bürgerlichen Freiheiten in ihren Koalitionsverhandlungen bisher keinen Platz eingeräumt hätten. "Von der Union war in dieser Hinsicht ohnehin wenig zu erwarten, aber auch die SPD hat sich in ihrem Zehn-Punkte-Papier für die Koalitionsverhandlungen in Sachen Datenschutz und Bürgerrechte nichts vorgenommen", erklärte Lindner. Diese Entwicklung sei eine Enttäuschung – allerdings habe es auch in der Vergangenheit "keinen Unterschied gemacht, ob der Sheriffstern eines Innenministers schwarz oder rot war". Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung hätten Sozialdemokraten genauso wie Konservative gefordert, machte Lindner deutlich.

Datenschutz am Verhandlungstisch verlangen

Vielmehr müsse die Bundesregierung in der Innenpolitik ein gutes Beispiel beim Datenschutz setzen und sich konsequent in der Außenpolitik dafür einsetzen. Lindner forderte Deutschland und die EU auf, das transatlantische Verhältnis auf den Prüfstand zu stellen und die Abkommen zum systematischen Austausch von Daten mit den USA erst einmal auf Eis zu legen. Die europäischen Regierungen seien zum Schutz der Grundrechte ihrer Bürger verpflichtet, unterstrich der Liberale.

Dazu gehöre in erster Linie die Aussetzung der SWIFT-Vereinbarung zum Austausch von Bankdaten sowie die Verknüpfung der Verhandlungen zur transatlantischen Freihandelszone an ein Datenschutzabkommen zwischen EU und USA. Lindner hob hervor, dass die EU mit 507 Millionen Einwohnern und einem Anteil von etwa 28 Prozent an der weltweiten Wirtschaftsleistung ein machtvollerer "Global Player" als die USA sei. "Die Vereinigten Staaten haben an einer Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen ein mindestens so großes Interesse wie Europa, also müssen Handels- mit Bürgerrechtsfragen politisch verbunden werden", erklärte der Liberale.

Gemeinsam für die Privatsphäre eintreten

Allerdings müsse sich Europa auf eine gemeinsame Linie verständigen. "Seit anderthalb Jahren wird über die geplante europäische Datenschutzgrundverordnung gestritten", so Lindner. Von den Regierungschefs forderte er entschlossenes Handeln und ein Ende der Verzögerung. Darüber hinaus müsse die Debatte von Europa aus auf globale Ebene erhoben werden, beispielsweise durch eine europäische Initiative, die auf eine Ergänzung des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte zum verstärkten Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter zielt.

Mehr zum Thema

Social Media Button