FDPMindestlohn

FDP ist für differenzierte Lohnuntergrenzen

Vertragsabschluss per Handshake
16.07.2013

Die FDP will nach Branchen und Regionen differenzierte Lohnuntergrenzen. Dort, wo es keine starken Tarifpartner gibt, sollen bestehende Regelungen überarbeitet und besser aufeinander abgestimmt werden.  

Die FDP will im Einklang mit der Tarifautonomie die Möglichkeit für weitere Mindestlöhne in bestimmten Branchen und Regionen schaffen. Dafür stimmten 57,4 Prozent der Delegierten beim Bundesparteitag Anfang Mai in Nürnberg.

In bestimmten Regionen fehlten starke Tarifpartner, die im Interesse der Arbeitnehmer für gerechte Entlohnung sorgten, sagte FDP-Parteichef Rösler in Nürnberg. Geschäftsmodelle mit drei Euro Stundenlohn kritisierte er als „unfair“. „Das ist nicht die soziale Marktwirtschaft. Leistung muss sich lohnen“, betonte er. Wer arbeite, müsse mehr haben als der, der nicht arbeite. Rösler stellte nochmals klar, dass es nicht um eine bundesweit einheitliche Regelung gehe: „Wir sind gegen einen allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn. Jetzt und in aller Zukunft.“

Bereits bestehende Lohnuntergrenzen

Patrick Döring„Wo es sehr niedrige Löhne oder keine Tarifverträge gibt, können wir uns branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenzen vorstellen.“

Wer sich anstrengt, soll entsprechend seiner Leistung fair entlohnt werden, gerade auch am unteren Ende der Lohnskala. Bereits heute gibt es in Deutschland nach Tarifvertragsgesetz, Arbeitnehmerentsendegesetz und Mindestarbeitsbedingungengesetz die Möglichkeit, in einzelnen Branchen Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären oder eine Lohnuntergrenze festzulegen. Die schwarz-gelbe Koalition hat in dieser Legislaturperiode für etwa 2.785.500 Beschäftigte die von Tarifparteien ausgehandelten Tarifverträge neu für allgemeinverbindlich erklärt und damit eine Lohnuntergrenze in der jeweiligen Branche gesetzt. Dabei geht es um die Branchen Abfallwirtschaft, Aus- und Weiterbildung, Bergbauspezialarbeiten, Gebäudereinigung, Pflege, Sicherheitsdienstleistungen, Wäschereidienstleistungen und in der Zeitarbeitsbranche. Insgesamt gelten heute für rund vier Millionen Arbeitnehmer auf Tarifverträgen basierende Mindestlöhne.

Für die weiteren existierenden Mindestlöhne (Baugewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektrohandwerk, Maler- und Lackiererhandwerk) wurden die gesetzlichen Voraussetzungen (Erlass des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes AentG) im Jahr 1996 geschaffen. Erstmalige Mindestlohnverordnungen in diesen Branchen wurden dann wie folgt erlassen: Baugewerbe (1997), Elektrohandwerk (1997) und Dachdeckerhandwerk (1997) – alles unter einer schwarz-gelben Regierung. Die einzige Mindestlohnregelung, die sich Rot-Grün auf die Flagge schreiben kann, ist die Lohnuntergrenze für etwa 113.800 Maler- und Lackierer (2003).

FDP lehnt politischen Überbietungswettbewerb ab

Rainer Brüderle„Wir wollen nicht den Staat anstelle der Tarifvertragsparteien, Arbeitgeber und Gewerkschaften setzen.

Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn würde Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen in Schablonen pressen und zu einem politischen Überbietungswettbewerb zu Lasten der Unternehmen und Berufseinsteiger führen. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in europäischen Nachbarländern führen die Liberalen unter anderem darauf zurück, dass dort Einheitsmindestlöhne jungen Menschen den Berufseinstieg erschweren.

Tarifautonomie muss gewahrt werden

Lohnuntergrenzen müssen nach Regionen und Branchen differenziert werden, finden die Freidemokraten. Den Liberalen ist außerdem wichtig, dass die Tarifautonomie gewahrt bleibt. Für das Aushandeln von Löhnen sollen die Tarifpartner zuständig bleiben. Das bedeutet, dass nicht der Staat die Lohneckdaten festlegen soll, sondern die Vertreter, die von ihren Mitgliedern dazu gewählt wurden.

FDP ist die Partei der Leistungsgerechtigkeit

Guido Westerwelle„Drei Euro Stundenlohn hat mit Leistungsgerechtigkeit nichts mehr zu tun.“

Wenn es allerdings in bestimmten Regionen für bestimmte Branchen keine Tarifpartner gibt, können Arbeitnehmer und Arbeitsgeber auch keine leistungsgerechte Entlohnung aushandeln. Um Missständen entgegenzuwirken, haben die Liberalen daher auf dem Parteitag in Nürnberg beschlossen, die bestehenden Instrumente zu schärfen.

Parteichef Rösler betonte in Nürnberg, dass es für "die Partei der Sozialen Marktwirtschaft" keine Alternative zur Tarifautonomie gebe. Dumpinglöhne dürften aber nirgendwo in Deutschland ein Geschäftsmodell sein. "Wir fordern: Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet. Und dieser Leitgedanke gilt für jeden. Leistung muss sich lohnen. Für jeden", erklärte er.

Konkrete Schritte für weitere Lohnuntergrenzen

Die Liberalen wollen deshalb insbesondere im Arbeitnehmer-Entsendegesetz für alle Branchen die Möglichkeit schaffen, auf gemeinsamen Antrag der Tarifpartner und bei Zustimmung des Tarifausschusses die Lohnuntergrenze eines repräsentativen Tarifvertrags allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Zudem wollen sie für Branchen, in denen ein repräsentativer Tarifvertrag nicht existiert, das subsidiäre Verfahren nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz praktikabler gestalten. Der unbestimmte Rechtsbegriff der sozialen Verwerfungen kann wegfallen. Den Hauptausschuss will die FDP stärken und politischer Einflussnahme entziehen.

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