FDPEuropawahl

Es ist höchste Zeit für einen europäischen Energiemarkt

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff über Russland und die Energiepolitik
15.04.2014

Der FDP-Spitzenkandidat zur Europawahl, Alexander Graf Lambsdorff, spricht mit der "Welt" über die anstehenden Wahlen in Europa, die Bedrohung der europäischen Friedensordnung durch Russland und eine Energiepolitik für Europa. Er stellt klar: „Die FDP will europaweite Marktwirtschaft statt 28-facher nationaler Planwirtschaft mit 28 verschiedenen Fördersystemen für Erneuerbare.“

Für den Vorsitzenden der FDP im Europaparlament ist die Energiepolitik ein ganz zentrales Wahlkampfthema – auch mit Blick auf die Krimkrise. „Es ist immer ungünstig, zu abhängig von einem Lieferanten zu sein. Wir müssen die Möglichkeit schaffen, unsere Haushalte und Unternehmen mit weniger oder sogar ohne russische Energielieferungen zu versorgen“, sagt der Liberale mit Blick auf die Energieversorgung der EU.

Es sei „höchste Zeit“ für einen europäischen Energiemarkt, auf dem jeder Haushalt und jeder Betrieb frei entscheiden könne, woher er seinen Strom bezieht. „Der funktionierende Energiemarkt in Europa ist eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre“, ist Lambsdorff überzeugt. Denn damit könnten auch die unfairen und viel zu hohen Energiepreise in Deutschland sinken. „Atomstrom aus Frankreich, Kohlestrom aus Tschechien, Ökostrom aus Skandinavien - jeder muss das kaufen können, so, wie man einen Peugeot, Skoda oder Volvo kauft, wenn man das will“, führt der Liberale aus.

Als weiteren zentralen Punkt im Wahlkampf nennt Lambsdorff die Fortsetzung der stabilitätsorientierten Euro-Politik: „Wir Liberale stehen völlig klar zum Stabilitäts- und Reformkurs, anders als Union und SPD, die jetzt wieder nach Euro-Bonds rufen. Und wir werden uns schließlich massiv für die Privatsphäre der Menschen und gegen staatliche Schnüffelei einsetzen.“

Die Wähler könnten darauf vertrauen, dass sich die Liberalen in Europa auch durchsetzen könnten: „Es gibt nur drei Parteien, die bei der Gestaltung der EU nach der Wahl eine Rolle spielen werden: Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale. Nur diese drei Parteien sind bei den Staats- und Regierungschefs vertreten, die den Kommissionspräsidenten nominieren. Liberale stellen dort vier Regierungschefs, darunter den Premierminister der Niederlande. Und wir sind die drittgrößte Fraktion im Europaparlament“, zählt der FDP-Spitzenkandidat auf.

Lambsdorff warnt vor einer Eskalationsspirale, die am Ende zu einem Krieg führt

Den ehemaligen Diplomaten treibt außerdem die Sorge um die Bedrohung der europäischen Friedensordnung durch Russland um. Nach seiner Einschätzung verfolgt Wladimir Putin noch immer die Agenda des KGB, so, wie er es als junger Mann gelernt habe: russische Größe, russische Stärke zu schützen, zu verteidigen und auszubauen. Putin verfolge eine „spezifisch russische Reichsidee“. Ob er für dieses Ziel weiter Völkerrechtsverletzungen zu begehen bereit sei, wisse heute niemand. „Jedenfalls ist eine Mischung aus Entschlossenheit und diplomatischem Geschick nötig, um sicherzustellen, dass diese russischen Bestrebungen unsere Friedensordnung in Europa nicht in Gefahr bringen“, so Lambsdorff.

Zugleich betont er, dass die westliche Wertegemeinschaft einen so schweren Völkerrechtsbruch nicht einfach durchgehen lassen dürfe. Lambsdorff vermisst in diesem Zusammenhang aber „konkret formulierte Bedingungen für den Ausstieg aus den Sanktionen und den Wiederbeginn des Dialogs mit Moskau.“ Für die FDP stehe fest, dass  „wir Stabilität in Osteuropa doch nicht ohne oder sogar gegen, sondern nur mit Russland hinbekommen.“

Mit Blick auf die Gedankenspiele von Verteidigungsministerin von der Leyen, jetzt Bundeswehrsoldaten nach Polen zu verlegen, stellte er klar: „Wir werden mit Sicherheit keine militärische Eskalation unterstützen, die den Bündnisfall möglicherweise erst auslöst. Ich halte die Gedankenspiele für völlig falsch. Das erinnert an das Buch von Christopher Clark über den Ersten Weltkrieg: Es kann doch nicht sein, dass wir uns wie Schlafwandler in einer vermeintlichen Unvermeidlichkeit in eine Eskalationsspirale begeben, die am Ende zu einem Krieg führt.“

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