21.07.2015FDPWirtschaft

DÜRR-Gastbeitrag: Deutschland bringt den europäischen Strommarkt in Schieflage

Berlin. Der Sprecher der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz, FDP-Präsidiumsmitglied CHRISTIAN DÜRR, schrieb für die „Bremer Nachrichten“ den folgenden Gastbeitrag:

Wenn in diesen Tagen die Abstimmung über das dritte Hilfspaket für Griechenland auch mit der Frage verbunden wird, wie europäisch wir Deutsche uns verhalten, ist ein anderer Aspekt des gemeinsamen Europas fast in Vergessenheit geraten. Auch wenn wir hierzulande den gemeinsamen Binnenmarkt als gelungenes Projekt der europäischen Integration feiern, so gehen wir in einem entscheidenden Sektor den nationalen Alleingang: beim Strom. Nicht nur, dass unsere Politik der planwirtschaftlichen Ökostrom-Subvention kaum noch Nachahmer in der Welt findet. Sie ist vor allem auch eines: provinziell und, wenn man es zuspitzt, sogar antieuropäisch. Denn wir haben mit unserem nationalen Alleingang seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 wenig Rücksicht auf unsere europäischen Nachbarn genommen. Mal ganz abgesehen davon, dass wir mit dieser nationalen Energiepolitik die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft aufs Spiel setzen, ist es auch das Gegenteil von dem was man von europäischer Integration erwarten würde. Wir erkaufen uns ein vermeintlich reines Gewissen und vergessen dabei, dass unser Verhalten auch Auswirkungen auf Andere hat. Die teils aberwitzigen Ökostrom-Überschüsse zur Unzeit bringen die Energieversorgung unserer Nachbarn gehörig durcheinander. Polen hat mittlerweile mit dem Bau so genannter Phasenschieber begonnen, um sich gegen die unberechenbaren Wellen deutschen Ökostroms zu wehren. Es gibt Tage, an denen wir Geld dafür zahlen, damit unser Ökostrom überhaupt abgenommen wird. Das kostet nicht nur unser Geld. Es bringt auch den europäischen Strommarkt in eine Schieflage. Ökonomisch und ökologisch effiziente Anlagen in anderen Ländern rentieren sich nicht mehr. Ein echter Energie-Binnenmarkt rückt in immer weitere Ferne, weil die deutsche Politik die mahnenden Worte aus Brüssel im vergangenen Jahr, das nationale Regime zu beenden, erneut nicht ernst genommen hat. Und die Große Koalition macht keine Anstalten, in dieser Legislaturperiode noch grundlegende Änderungen anpacken zu wollen. Die deutsche Ökostrom-Förderung und das Erneuerbare-Energien-Gesetz scheinen festzementiert – ohne Rücksicht auf Verluste. Am Ende zahlen alle für diese Fehler: die Stromverbraucher in Deutschland und ebenso unsere europäischen Nachbar. Dabei wäre es so einfach: Wir müssen den nationalen Alleingang des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes beenden und uns auf einen gemeinsamen europäischen Binnenmarkt auch für Strom einlassen.

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