FDPDas aktuelle Interview

Die richtigen Prioritäten setzen

Katja SudingKatja Suding
03.08.2015

Der Weg zum Erfolg ist nicht immer leicht – wer zurück in den Bundestag will, muss sich fokussieren. FDP-Vize Katja Suding erklärt im Interview mit der "Bild am Sonntag", wie sie die richtigen Prioritäten setzt: "Mein Ziel ist es, die FDP 2017 in den Bundestag zurückzubringen. Daneben haben meine Kinder absolute Priorität. Alles andere muss dahinter zurückstecken."

Nach erfolgreichen Landtagswahlen in Hamburg und Bremen blicken die Freien Demokraten wieder optimistisch in die Zukunft. "Wir haben uns personell neu aufgestellt und unseren Auftritt auch mit neuem Logo und der Farbe Magenta modernisiert. Die Kunst ist, ohne die Bühne Bundestag in den Medien stattzufinden, ohne schrill zu wirken", erklärt die Freidemokratin, die mit ihrer Kampagne "Unser Mann für Hamburg" den ersten freidemokratischen Wahlerfolg auf Landesebene seit der Bundestagswahl 2013 herbeiführte.

"Wir haben uns darauf zurückbesonnen, was die FDP so einzigartig macht: Wirtschaftliche Vernunft gepaart mit gesellschaftlicher Liberalität, beispielsweise in der Familienpolitik oder bei der Verteidigung von Bürgerrechten, sowie die weltbeste Bildungspolitik, damit jedes Kind seine Chancen nutzen kann", führte Suding aus. Aufgrund von Mietpreisbremse und Mindestlohn seien die politischen Schnittmengen mit Union und SPD mittlerweile ungefähr gleichgroß.

Frauenquote ist auch keine Lösung

Die Zahl von Frauen in Führungspositionen ist wieder gesunken. Suding monierte: "Das ist keine Entwicklung, die mir gefällt. Die Frauenquote ist aber das absolut falsche Instrument dagegen." Keine Frau wolle eine Quotenfrau sein, stellte sie klar. Das Problem sei eher die Politik, die selbst Anreize für Frauen schaffe, beruflich zurückzustecken. "Ich halte es für falsch, dass mit dem Ehegattensplitting und der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenkasse so sehr die Alleinverdienerehe subventioniert wird. Ich wünsche mir stattdessen eine stärkere Förderung von Kindern, unabhängig vom Familienstatus ihrer Eltern", erklärte Suding.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Frage: Frau Suding, Sie sind sehr schlank und sportlich. Haben es dicke Politiker heute schwer?

SUDING: Das kann sein. Generell wird Fitness heute höher bewertet. Für mich ist es einfach ein guter Ausgleich zum stressigen politischen Alltag.

Frage: FDP-Chef Christian Lindner, CDU-Generalsekretär Peter Tauber, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, immer mehr Spitzenpolitiker sind sehr durchtrainiert. Kann man mit einer Figur wie Peter Altmaier oder Sigmar Gabriel noch Kanzler werden?

SUDING: Bei Sigmar Gabriel liegt es nicht an der Figur, dass er vermutlich niemals Kanzler wird, sondern an seiner Partei. In der Politik muss man allerdings permanent mit wenig Schlaf und oft stundenlang ohne Nahrung auskommen. Da ist es sinnvoll, auf die Gesundheit zu achten und Sport zu machen.

Frage: Wie halten Sie sich fit?

SUDING: Ich boxe mehrmals die Woche, gehe laufen oder in der Mittagspause ins Fitnessstudio. Mit meinen beiden Söhnen mache ich in diesem Sommer Standup-Paddling.

Frage: Hat Ihnen Ihr Aussehen bei Ihrer Polit-Karriere geholfen?

SUDING: Es hat mir sicherlich nicht geschadet. Allerdings musste ich auch mit dem Vorurteil kämpfen: Wenn eine Frau gut aussieht, kann sie unmöglich auch noch intelligent sein.

Frage: Die größte Aufmerksamkeit hatten Sie, als Sie bei einem Termin im Rock saßen und die „Tagesschau" Ihre nackten Beine abgefilmt hat.

SUDING: Das hatte nichts mit mir und meiner Arbeit zu tun. Deshalb habe ich es nicht an mich rangelassen und mich auch nicht darüber geärgert. Gerade von Frauen habe ich Unterstützung und positive Reaktionen bekommen. Lange Zeit konnten Frauen doch nur als verkleidete Männer Karriere machen. Inzwischen kann eine Politikerin auch mal ein Kleid tragen, so wie es in Frankreich üblich ist. Wenn ich auch in Deutschland zu einem entspannteren Frauenbild beitragen kann, dann sehr, sehr gern.

Fragen: Sie sind neben Christian Lindner das weibliche Gesicht der FDP. Ihre Aufgabe ist es, die Partei 2017 wieder in den Bundestag zu bringen. Wie wollen Sie das schaffen?

SUDING: Wir haben uns personell neu aufgestellt und unseren Auftritt auch mit neuem Logo und der Farbe Magenta modernisiert. Die Kunst ist, ohne die Bühne Bundestag in den Medien stattzufinden, ohne schrill zu wirken.

Frage: Neue Köpfe, neues Logo, aber was sind die neuen Inhalte?

SUDING: Da ist nicht alles neu. Wir haben uns darauf zurückbesonnen, was die FDP so einzigartig macht: wirtschaftliche Vernunft gepaart mit gesellschaftlicher Liberalität beispielsweise in der Familienpolitik oder bei der Verteidigung von Bürgerrechten sowie die weltbeste Bildungspolitik, damit jedes Kind seine Chancen nutzen kann.

Frage: Und wie erklären Sie es sich dann, dass die FDP bundesweit in den Umfragen unter der Fünf-Prozent-Marke dümpelt?

SUDING: Die Enttäuschung über unsere Arbeit in der Bundesregierung wirkt bis heute nach. Da braucht es Zeit, Vertrauen zurückzuerlangen. Uns fehlen die Auftritte im Bundestag, und noch wissen nicht alle, dass die FDP für viel mehr als Steuersenkungen steht.

Frage: Wäre die FDP nach dem Sprung zurück ins Parlament eigentlich regierungsfähig?

SUDING: Grundsätzlich ja. Eine Koalitionsaussage wäre aber falsch. Wir müssen gucken, mit welchem Partner wir welche Inhalte durchsetzen können. Derzeit sehe ich uns von Union und SPD gleich weit entfernt. Die CDU ist längst nicht mehr unser natürlicher Koalitionspartner. Die Schnittmengen etwa in der Steuer- oder Wirtschaftspolitik sind nicht so groß wie vor einigen Jahren. Elementare Prinzipien der Marktwirtschaft sehe ich bei der CDU nicht mehr aufgehoben. Beste Beispiele: das marktverzerrende EEG, die Mietpreisbremse, ein staatlich verordneter Mindestlohn.

Frage: Wollen Sie ihn wieder abschaffen?

SUDING: Der Mindestlohn ist ein bürokratisches Monster. Er hat besonders in Ostdeutschland massenhaft Minijobs vernichtet. Deutschland braucht den Mindestlohn nicht, er gehört wieder abgeschafft. Statt immer mehr staatlicher Vorschriften brauchen wir mehr Freiheit und einen neuen Unternehmergeist. Leider wird in Deutschland schon den Kindern kaum unternehmerische Kompetenz vermittelt. Im Gegenteil - der Unternehmer wird im Unterricht oft nur als böser Kapitalist dargestellt. Dazu kommt: Wir haben in Deutschland keine Kultur des Scheiterns. Bei wem es nicht klappt, der wird mit Hohn und Spott überzogen. Das habe ich selbst erlebt, als mein Mann sein Start-up-Unternehmen aufgeben musste.

Frage: Die Erfahrung, mit der eigenen Firma pleitezugehen, teilen Sie mit Christian Lindner. Inwieweit können Sie davon in der Politik profitieren?

SUDING: Ich habe gelernt, Probleme mit gesundem Menschenverstand zu lösen. Das hat mir geholfen, als ich Fraktionsvorsitzende in Hamburg wurde. Heute weiß ich: Ich kann das, ich bin mutig genug, Lösungen in völlig neuen Situationen zu finden.

Frage: Sie haben sich immer gegen die Frauenquote ausgesprochen. Jetzt ist die Zahl der Frauen in den Führungsetagen trotz aller Beteuerungen der Wirtschaft wieder einmal gesunken. Stimmt Sie das nachdenklich?

SUDING: Das ist keine Entwicklung, die mir gefällt. Die Frauenquote ist aber das absolut falsche Instrument dagegen. Keine Frau will eine Quotenfrau sein. Außerdem können es Frauen schaffen, wenn sie es wollen. Ich habe noch nicht erlebt, dass man mich beruflich nicht lässt. Allerdings schafft die Politik selbst Anreize gerade für Frauen, beruflich zurückzustecken. Ich halte es für falsch, dass mit dem Ehegattensplitting und der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenkasse so sehr die Alleinverdienerehe subventioniert wird. Ich wünsche mir stattdessen eine stärkere Förderung von Kindern, unabhängig vom Familienstatus ihrer Eltern.

Frage: Ihr Mann und Sie leben ein außergewöhnliches Familienmodell. Nach der Trennung vor drei Jahren sind Sie ausgezogen, Ihre 11 und 13 Jahre alten Söhne leben bei Ihrem Mann. Wie viel Zeit bleibt Ihnen für die Jungs?

SUDING: Fast meine gesamte Freizeit, neben der Politik und etwas Sport, verbringe ich mit meinen Söhnen. Mein Mann und ich haben keine starren Regeln. Wenn ich am Wochenende oder abends da bin, sind die Kids bei mir. Und wir verbringen auch Zeit zu viert. Wenn mein Mann nächste Woche mit den Jungs zeltet, besuche ich sie für ein paar Tage.

Frage: Welche Reaktionen gibt es auf Ihr Lebensmodell?

SUDING: Die meisten sind positiv. Wenn es Kritik gibt, dann kommt sie von Männern. Da pöbelt dann mal einer, ich hätte meine Kinder verlassen. Auf solch einen Blödsinn reagiere ich nicht.

Frage: Gibt es einen neuen Partner in Ihrem Leben?

SUDING: Nein.

Frage: Gehen Karriere und Familie wirklich zusammen, oder bleibt nicht doch immer etwas auf der Strecke?

SUDING: Das Leben, das ich führe, bedeutet, dass ich oft wenig Zeit für mich und meine Freunde habe. In jedem Lebensabschnitt setzt man Prioritäten: Mein Ziel ist es, die FDP 2017 in den Bundestag zurückzubringen. Daneben haben meine Kinder absolute Priorität. Alles andere muss dahinter zurückstecken.

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