FDPGastbeitrag

Chancen und Selbstbestimmung müssen Maßstab sein

Konstatin KuhleKonstantin Kuhle über das Fehlen der FDP im Bundestag
17.04.2015

Vor genau einem Jahr scheiterte die FDP bei der Bundestagswahl. Wofür sie gebraucht würde, kann man heute deutlich sehen, schreibt der Chef der Jungen Liberalen, Konstatin Kuhle, in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau". Er zählt auf: "Ob Rente, Mindestlohn, Mietpreisbremse, Maut oder Frauenquote – in vielen Bereichen trifft die Große Koalition Entscheidungen, die zuvor mit der FDP nicht möglich waren." Der Liberale fasst zusammen: "Es fehlt an einer politischen Kraft im Parlament, die Politik nicht als Instrument zur Steuerung der Gesellschaft begreift."

Ihm ist wichtig, dass der Liberalismus nicht auf seine wirtschaftliche Bedeutung reduziert werden kann: "Freiheit des Bürgers heißt immer auch Freiheit von gesellschaftlichen und sozialen Zwängen – verbunden mit Chancen zu Selbstbestimmung und Aufstieg für jedermann." Für Kuhle wird in diesem Zusammenhang nach einem Jahr ohne Liberale im Parlament deutlich, dass seit dem 22. September 2013 auch bei vermeintlich leiseren Themen eine große Lücke besteht. Als Beispiel nennt er die Reform des Prostitutionsgesetzes, an dem die große Koalition derzeit arbeitet. Der JuLi-Chef befürchtet, dass sie hinter den Stand der Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2001 zurückfällt.

Für Selbstbestimmung in allen Lebenslagen

Auch das Thema Sterbehilfe gehört für ihn auf die Agenda: "Liberale treten für Selbstbestimmung in allen Lebenslagen ein", heißt das Dach. Er erinnert daran, dass Liberale in der Vergangenheit die Debatten über schwierige ethische Grundfragen im Bundestag prägen konnten; man denke an die tiefgehende Auseinandersetzung mit der Präimplantationsdiagnostik in der vergangenen Legislaturperiode. "Es schmerzt, in der aktuellen Debatte zur Sterbehilfe keine liberale Stimme im Parlament zu hören", so Kuhle.

Unbürokratisches Sofortprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen

Auch in der Debatte über den Umgang mit den Flüchtlingen vermisst er diese Stimme: "Liberale wollen jedem Menschen unabhängig von seiner Herkunft Chancen einräumen." Die anderen Parteien würden derzeit in der Asyl- und Flüchtlingspolitik im Bundestag und im Bundesrat aneinander vorbeireden - und so eine Einigung unmöglich machen.

"Angesichts der Ereignisse in Syrien und im Nord-Irak fehlt im Deutschen Bundestag eine politische Kraft, die zwischen den berechtigten Anliegen von Union und Grünen vermitteln kann", konstatiert der Liberale. Für ihn liegt auf der Hand: "Konkret muss Deutschland ein unbürokratisches Sofortprogramm zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen auflegen und sich gleichzeitig auf europäischer Ebene für eine fairere Verteilung der Flüchtlinge einsetzen."

Freiheit nicht kleiner machen als sie ist

Der FDP und ihren Mitgliedern schreibt er ins Stammbuch: "Liberale dürfen Freiheit nicht kleiner machen als sie ist. Die FDP hat ihren eigenen Freiheitsbegriff in der Vergangenheit unter Wert verkauft. Chancen und Selbstbestimmung sind nicht nur eine Frage des Wirtschafts- und Steuersystems, sondern müssen auch Maßstab einer liberalen Gesellschaftspolitik sein."

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