FDPSchuldendrama

Chance auf Neustart der Eurozone verpasst

Christian LindnerChristian Lindner sieht die Chance auf einen Neustart der Eurozone verpasst
14.07.2015

Im griechischen Schuldendrama haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone den Weg für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket geebnet. FDP-Chef Christian Lindner hat mit scharfer Kritik auf den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) reagiert. "Am Wochenende wurde die Chance für einen Neustart der Euro-Zone leider nicht genutzt." Er sei in Sorge, dass sich durch diesen Gipfel die Fliehkräfte in Europa weiter verstärken. Denn: "Statt Verlässlichkeit und wirksamer Wirtschaftsreformen regiert mehr denn je das Prinzip Hoffnung." Auch der Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, kritisierte, dass die bisherige Rettungspolitik der EU gegenüber Griechenland fortgesetzt wird.

Denn: Formal einigte sich der Euro-Gipfel darauf, die Aufnahme neuer Verhandlungen über ein Programm des Euro-Stabilisierungs-Fonds (ESM) zu beginnen. "Es wird strenge Bedingungen geben", betonte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Zunächst muss Athen in Vorleistung treten  und mehrere Reformen auf den Weg bringen.  "Warum das jetzt funktionieren soll, ist mir nicht ersichtlich", sagte Lambsdorff dem "Tagesspiegel".

"Dieser Kurswechsel der Bundesregierung ist politisch atemberaubend und rechtlich in höchstem Maße fragwürdig", urteilte Lindner. Der ursprüngliche Gedanke der Rettungsschirme als "ultima ratio" werde ausgehebelt. "Die Eurozone ändert ihren Charakter in Richtung auf eine Transferunion", wirtschaftliche Vernunft werde ausgeblendet, so Lindner.

 

 

 

Spar- und Reformpaket löst die strukturellen Probleme nicht

Christian Lindner ist überzeugt: "Das neue Spar- und Reformpaket löst die strukturellen Probleme Griechenlands und seiner Bürger nicht." Seiner Ansicht nach fehlen "echte Impulse für mehr Wettbewerbsfähigkeit, die Wolfgang Schäuble zu Recht angemahnt hatte."

Mit dem Gipfelbeschluss solle stattdessen eine Krisenstrategie fortgesetzt werden, gegen die sich das griechische Volk in einem Referendum ausdrücklich gewehrt habe, verweist Lindner auf den Umstand, dass der griechische Premier Tsipras nun mehr Reformen durchs Parlament bringen muss, als er sich selbst vor einer Woche habe vorstellen können.

Keine glaubwürdige und stabile Regierung

"Tsipras muss dafür alle seine Wahlversprechen brechen", fasst Lindner die Situation zusammen. "Mit Syriza hat Griechenland keine glaubwürdige und stabile Regierung mehr", lautet die Schlussfolgerung. Deshalb sind für den FDP-Chef auch größte Zweifel angebracht, ob die zugesagten Reformen nachhaltig verfolgt werden. Bereits in dieser Woche werde sich zeigen, wie verlässlich die Zusagen von Tsipras seien, fragt sich Lindner, wie Tsipras bei den Abstimmungen bis Mittwoch die Mehrheiten im Parlament besorgen werde.

Das in den letzten Jahren geschärfte Recht wird gebeugt

Er erinnert auch daran, dass die Bundesregierung selbst dokumentiert habe, dass von der Finanzkrise Griechenlands keine Gefahr für die Stabilität der gesamten Euro-Zone ausgeht: "Für ein drittes Hilfspaket aus dem ESM sind damit die rechtlichen Voraussetzungen offensichtlich nicht gegeben." Denn: ESM-Hilfen dürfen nur gewährt werden, wenn die Euro-Zone in ihrer Gesamtheit gefährdet ist.

"Wenn die Bundeskanzlerin dennoch diesen Weg wählt, dann wird das in den letzten Jahren geschärfte Recht gebeugt", warnt der Liberale. Damit stünde Europa wieder dort, wo die Eurokrise einst ihren Anfang genommen habe. "Die Verhandlungsstrategie der Bundesregierung ist nebulös“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die von der FDP seinerzeit durchgesetzte Beteiligung des Deutschen Bundestages wird so zur Farce." Die Geschäftsbedingungen würden sich nun "fundamental ändern."

 
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