25.08.2013FDPEuropa

BRÜDERLE-Interview für die "Bild am Sonntag"

Berlin. Der Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, FDP-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion RAINER BRÜDERLE gab der "Bild am Sonntag" (aktuelle-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten MICHAEL BACKHAUS und MARTIN S. LAMBECK: Frage: Herr Brüderle, Sie haben bei einem Sturz Mitte Juni schwere Knochenbrüche erlitten. Sind Sie wieder uneingeschränkt einsatzfähig? BRÜDERLE: Ja. Das liegt vor allem an den hervorragenden Ärzten, Betreuern und Physiotherapeuten, die mich in Rekordzeit wieder fit gemacht haben. Schon nach vier Wochen konnte ich das Bein mit dem Oberschenkelbruch wieder voll belasten. Ich kann heute wieder sagen: Ich fühle mich sauwohl! Frage: Was hat der Spitzenkandidat Rainer Brüderle für seine Partei bislang bewirkt? BRÜDERLE: Das müssen andere beurteilen. Ich freue mich über unsere Geschlossenheit. Wir liegen in den Umfragen stabil über fünf Prozent, erreichen Werte bis zu sieben Prozent. Und ich bin mir sicher: Unser Wahlergebnis wird noch deutlich besser ausfallen als die aktuellen Umfragen. Frage: Eine Frage an den Christen Rainer Brüderle: Wie sollen wir mit dem rapide steigenden Zahl von Asylbewerbern umgehen? BRÜDERLE: Die Politik muss glaubwürdig bleiben: Wer an Leib und Leben bedroht ist, dem müssen wir Schutz bieten. Das gilt auch für die Christen in Syrien. Wenn sich die Situation in ihren Heimatländern entspannt, müssen wir den Flüchtlingen bei der Rückkehr helfen. Auf diese Balance kommt es entscheidend an, wenn wir die Bereitschaft der Bevölkerung zur Aufnahme von Flüchtlingen erhalten wollen. Frage: Bundesweit werden Sie mit dem Slogan plakatiert: "Keine Steuererhöhungen, keine neuen Schulden - Das gibt es nur mit der FDP". Versprechen Sie den Bürgern da nicht das Blau-Gelbe vom Himmel? BRÜDERLE: Ob Große Koalition, Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün: Das sind alles Steuererhöhungskoalitionen. Die Union wird weder mit den Grünen noch mit der SPD eine Koalition hinbekommen, ohne dass die Steuern kräftig erhöht werden. Nur die FDP steht dafür ein, die Bürger steuerlich nicht mehr zu belasten. Frage: Die Bürger erinnern sich an die Steuersenkungsversprechen von 2009 und bleiben skeptisch. Was muss zu den Themen Steuern und Schulden in einem Koalitionsvertrag stehen, damit die FDP ihn unterschreibt? BRÜDERLE: Wir werden keine Regierungsvereinbarung abschließen, die nicht auf einen ausgeglichenen Haushalt wert legt. Und neue Steuern einzuführen oder bestehende zu erhöhen, geht mit uns ebenso wenig wie die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung. Wir werden es nicht zulassen, dass die Hauptleistungsträger der Gesellschaft noch mehr als jetzt schon zur Kasse gebeten werden. Frage: Und was ist, wenn der Soli einfach über 2019 hinaus Bestand hat, wie mancher in der Union hofft? BRÜDERLE: Das wäre ganz klar eine Steuererhöhung. Denn der Solidarpakt endet 2019. Frage: Die FDP unterschreibt nur eine Koalitionsvereinbarung, in der das endgültige Aus für den Soli 2019 enthalten ist? BRÜDERLE: Das wird von uns erwartet. Der Soli muss spätestens 2019 verschwinden. Wir müssen uns aber weit vorher auf die Stufen verständigen, mit denen der Soli abgebaut wird. Das kann nicht auf einen Schlag geschehen. Hier sehe ich klare Möglichkeiten für eine Steuersenkung in der nächsten Legislaturperiode. Frage: Finanzminister Schäuble hat ein drittes Hilfspaket für Griechenland angekündigt. Hat Sie das überrascht? BRÜDERLE: Es war immer klar, dass wir Ende 2014 sehen werden, ob die bisherigen Hilfen für Griechenland ausreichen. Das hat die Kanzlerin auch nochmal deutlich gemacht. Wir sollten den Reformdruck für Griechenland durch verfrühte Diskussionen nicht abschwächen. Frage: Wir haben jetzt aber nicht Ende 2014, sondern Mitte 2013. War Schäubles Vorstoß wahltaktisch ein Fehler? BRÜDERLE: Das will ich nicht überbewerten. Den Zeitplan kennen wir alle, auch die Opposition. Im Wahlkampf werden einzelne Äußerungen gern interpretiert. Dass jetzt ausgerechnet die SPD wettert, ist an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten. Altkanzler Schröder und der grüne Joschka Fischer haben die Griechen doch damals auf Grundlage von falschen und ungeprüften Zahlen in die Eurozone geführt. Wenn es nach denen ginge, hätten wir längst Eurobonds und eine Schuldenunion. Frage: In der SPD hat diese Woche eine Debatte über Steuersenkungen begonnen. Und der Vorsitzende Gabriel sagt, er finde Steuerzahlen nicht sexy. Sollte die FDP ihre ablehnende Haltung zu einer Koalition unter Führung der SPD nach der Wahl überdenken? BRÜDERLE: Das sind hilflose Wahlkampfmanöver der SPD. Die trauen sich selbst nicht mehr über den Weg. Herr Steinbrück vertritt jeden Tag ein Programm mit 38 Milliarden Steuererhöhungen. Dann merkt Herr Gabriel, dass dies auch die Mitte der Arbeitnehmer trifft und versucht mit der Jagd auf Steuerflüchtlinge abzulenken. Da wissen einige Leute offenbar nicht, wovon sie reden. Diese SPD ist nicht regierungsfähig. Sie kann für uns kein Koalitionspartner sein. Frage: Gilt das auch, wenn eine Ampel Rot-Rot-Grün verhindern könnte? BRÜDERLE: Ich sehe null Komma null Spielraum für die Ampel. Mit den grünen Tugendwächtern kann man keine Regierung bilden. Die wollen vom Fleischessen bis zu Steuern auf Plastiktüten alles regeln. Mit deren Verbotsrepublik wollen wir nichts zu tun haben. Wir werden die Ampel vor der Wahl per Beschluss am 12. September auf unserem Wahlkonvent ausdrücklich ausschließen. Frage: Die Kanzlerin hat diese Woche wissen lassen, dass sie sich auch eine Große Koalition als nächste Bundesregierung vorstellen kann. Müsste die FDP jetzt nicht ihre Nibelungentreue zur Union aufkündigen und sich für andere Bündnisse öffnen? BRÜDERLE: Das macht deutlich, worum es bei dieser Wahl geht: Nur mit der FDP lassen sich Steuererhöhungen verhindern. In einem Bündnis mit der SPD oder mit den Grünen würde auch die Union die Steuern erhöhen. Frage: Altkanzler Schröder greift für die SPD jetzt wieder in den Wahlkampf ein. Eine Gefahr für Schwarz-Gelb? BRÜDERLE: Schröders Wiederbelebung im Wahlkampf für den gescheiterten Kanzlerkandidaten Steinbrück ist doch völlig unglaubwürdig: Die SPD schiebt jetzt den Mann auf die Bühne, für dessen erfolgreiche Agenda 2010 sie sich seit Jahren schämt und die sie rückgängig machen will. Ich bin sicher: Auf dieses Betrugsmanöver werden die Wähler nicht hereinfallen. Frage: Treten Sie für volle vier Jahre an? BRÜDERLE: Selbstverständlich! Ganz oder gar nicht. Solange mich die Menschen mögen, werde ich mich ihnen nicht verweigern. Mein Vater war ein kleiner Einzelhändler und hat bis 86 gearbeitet, mein Großvater bis 83. Frage: Wie stellen Sie sich dereinst Ihren Abschied aus der Politik vor? BRÜDERLE: Darüber denke ich nicht nach. Und ein politischer Mensch bleibe ich ohnehin immer.

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