FDPTürkei

Beitrittsprozess festgefahren

Alexander Graf Lambsdorff
04.02.2014

FDP-Europaparlamentarier Alexander Graf Lambsdorff hat sich für Klartext gegenüber der Türkei und eine positive Zusammenarbeit außerhalb der EU-Beitrittsverhandlungen ausgesprochen. Im "phoenix"-Tagesgespräch begrüßte Lambsdorff die Entscheidung des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdoğan, nach Berlin zu reisen und Gespräche auf höchster politischer Ebene zu führen. Sorgen müsse sich die EU allerdings machen, weil sich die Türkei in Sachen Bürgerrechte immer weiter von Europa entferne.

Mit Blick auf die aktuellsten Hindernisse zur EU-Aufnahme der Türkei kritisierte Lambsdorff die gewaltsamen Maßnahmen der Polizei bei der Niederschlagung der Gezi-Park Proteste sowie den weitumfassenden Korruptionsskandal. Bei letzterem hätten die EU und Deutschland große Bedenken, was die Unabhängigkeit der Staatsanwälte und der Richter angeht, so der FDP-Politiker. Zurzeit spreche wenig dafür, dass Erdoğan seine Versuche unterlasse, die Unabhängigkeit der Justiz bei ihren Ermittlungen zur Korruption in seinem Regime zu unterbinden.

Durch einen Gesetzesentwurf zur Internet-Zensur solle die Regierung auch noch bestimmte Websites ohne richterlichen Beschluss einfach abschalten können. "Das sind Dinge, die natürlich mit Meinungsfreiheit nicht zu vereinbaren sind", konstatierte der Liberale. Lambsdorff verwies auch auf die Tatsache, dass in der Türkei mehr Journalisten im Gefängnis sitzen als in jedem anderen Land der Welt, "einschließlich solche Unrechtsregime wie China oder Iran".

Darüber hinaus gebe es immer noch Schwierigkeiten mit der Türkei innerhalb der NATO, wo sie die Zusammenarbeit zwischen NATO und EU blockiere. Dies seien "eine ganze Reihe von wirklich wichtigen Themen, die für die Türkei als Land, das sich auf dem Weg nach Westen sieht, ganz schwierig sind, und wo die Bundeskanzlerin wirklich Klartext reden muss", machte der Liberale deutlich.

Beziehungen durch positive Zusammenarbeit verbessern

Lambsdorff zeigte sich skeptisch, ob die EU-Mitgliedstaaten zeitnah eine gemeinsame Linie zu den Türkei-Beitrittsverhandlungen finden werden. "Es ist aber auch kein Wunder, dass sich die Regierungen nicht einigen können", gab er zu bedenken. Auch in den Bevölkerungen gebe es keinen Konsens darüber, wie es mit der Türkei als Beitrittskandidat weitergehen soll.

"Es ist deswegen wichtig, dass man die europäisch-türkischen Beziehungen nicht ausschließlich durch das Prisma der Beitrittsverhandlungen betrachtet", betonte der FDP-Politiker. Es gebe letztendlich viel mehr Gebiete, auf denen die EU mit der Türkei zusammen arbeiten könne, unter anderem die Außen-, Sicherheits- und Energiepolitik. "Man braucht eine positive Agenda, man braucht andere Themen, bei denen man zusammenkommen kann."

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