08.05.2014FDPSteuern

BEER-Gastbeitrag für „Handelsblatt Online“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER schrieb für „Handelsblatt Online“ den folgenden Gastbeitrag:

Heute wird weißer Rauch aufsteigen. Konklaveähnlich haben sich Steuerexperten unter Leitung des Bundesfinanzministeriums zusammengefunden, um die Steuereinnahmen anhand der gesamtwirtschaftlichen Eckdaten zu schätzen und zu diskutieren. Das Bundesfinanzministerium erklärt das drei Tage dauernde Verfahren so: „Der Arbeitskreis erörtert jede Steuer solange, bis ein Konsens erreicht worden ist, der von allen mitgetragen werden kann.“ Der Steuerzahler wird natürlich nicht beteiligt. Anhand der Einzelsteuerschätzungen werden die auf Bund, Länder, Gemeinden und Europäische Union entfallenden Einnahmen ermittelt. Das Bundesfinanzministerium hat für die aktuelle Schätzung schon eine klare Ansage gemacht: Es rechnet mit Rekordeinnahmen von rund 643 Mrd. Euro für 2014 und 670 Mrd. Euro für 2015. Damit würde der Arbeitskreis seine eigene Schätzung von November 2013 nach oben korrigieren und ein neuer Einnahmerekord aufgestellt. So viel Steuergeld hatte Vater Staat noch nie, und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht!

Angesichts der Staatsschuldenkrise in Europa ist das eine gute Nachricht. Deutschland steht wirtschaftlich gut da, hat Rekordbeschäftigung und dadurch auch Rekordsteuereinnahmen. Gleichzeitig sind diese aber auch eine Mahnung, Vorbild in Europa zu sein und einer Politik auf Pump abzuschwören. Nie war die Situation besser, um die staatliche Kreditsucht einzudämmen und die Spendierhosen der Politik in die Altkleidersammlung zu geben. Es ist Aufgabe einer zukunftsorientierten, generationengerechten Politik, die Mehreinnahmen zunächst für eine schwarze Null, sodann zur Rückzahlung des immensen Schuldenbergs von mehr als zwei Bio. Euro zu nutzen. So hatte es die Finanzplanung der schwarz-gelben Koalition noch 2013 vorgesehen: einen Einstieg in die Altschuldentilgung ab 2015 zusammen mit einer Bekämpfung der kalten Progression.

Während die FDP weiterhin für solide Finanzen in Deutschland und Europa steht, hat sich die Union in der Großen Koalition umgehend von diesem Kurs verabschiedet. Zu groß war offenbar die Versuchung, das Geld der Steuer- und sogar Beitragszahler mit vollen Händen auszugeben und auf 2017 anschreiben zu lassen. Schon bei den Koalitionsverhandlungen konnten die Wunschzettel nicht lang genug sein. Wo Union und SPD sich nicht einigen konnten, haben sie teure Vorhaben einfach zu superteuren Vorhaben zusammengeschnürt, so beim Rentenpaket. Wer wie die GroKo als allererste Maßnahme die gesetzlich vorgesehene Absenkung der Rentenbeiträge hintertreibt, um für mehr als 160 Mrd. Euro Gefälligkeitspolitik zu machen, der muss sich eine Happy-Hour-Mentalität vorwerfen lassen. Während man in anderen Mitgliedstaaten noch mit der Krise ringt, wird in Deutschland schon wieder gefeiert. Welch ein Signal an unsere europäischen Nachbarn.

Die GroKo ist vor allem groß im Geldausgeben. Dabei hätte man von Ihr erwarten können, dass sie verantwortungsvoll mit ihrer übergroßen Mehrheit umgeht. Die zweite Große Koalition hatte von 2005 bis 2009 immerhin noch die Föderalismusreform II organisiert, um die staatlichen Finanzbeziehungen zu reformieren und die liberale Idee der Schuldenbremse umzusetzen. Daran könnte sie heute anknüpfen. Dafür müsste sie allerdings erstens auf das milliardenschwere Rentenpaket verzichten, was angesichts der verheerenden Kritik der Fachleute ohnehin naheliegt. Das wäre ein Zeichen politischer Größe und eine Abkehr vom eingeschlagenen Irrweg in eine verantwortungslose Schuldenpolitik. Die Große Koalition müsste außerdem zweitens die Schuldenbremse weiterentwickeln und auf die Sozialversicherungssysteme ausdehnen. Dadurch würde sichergestellt, dass Reserven auch Reserven bleiben und nicht noch einmal geplündert werden können. Und drittens müsste sie eine Sparregel einführen, die den Staat verpflichtet, Steuermehreinnahmen vorrangig für Schuldenabbau und Investitionen zu verwenden. Dann wären Union und SPD ihrer großen Verantwortung gerecht geworden. Bedauerlicherweise ist mit dieser Weitsicht nicht zu rechnen.

 

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